MINDESTLOHN MINDESTLOHN VERTRAUEN IST GUT, IST KONTROLLE BESSER? Um den Mindestlohn zahlen zu können, wurden in vielen Gemeinden die Taxitarife angehoben. Gastgeber des „Glückstädter Kreises“: Thomas Lohse (links) und Christian Brüggmann (rechts) von der Hamburger Taxen-Union. HALB SO SCHLIMM, EIGENTLICH SOGAR POSITIV Beim alljährlichen Treffen der Nordverbände des Taxigewerbes zogen die Gewerbevertreter eine insgesamt positive Mindestlohn-Bilanz. Axel Ulmer kommentiert die massiven Taxikontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns. A nfang Dezember wurden im Bundesgebiet flächendeckend Schwerpunktkontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns durchgeführt. Im Fokus dabei: das Taxigewerbe. Das verwundert nicht, denn vor allem aus dieser Branche kam die Kritik geballt: Versuchte man noch in 2014 – im Vorfeld bereits zum Scheitern verurteilt –, Tarifverträge auszuhandeln, kamen mit der Einführung des Mindestlohnes zum 1. Januar 2015 nahezu überall Anträge auf Tariferhöhungen zu den kommunalen Behörden, um dem zuge- »Das angeblich so verkrustete Gewerbe hat die Herausforderung Mindestlohn besser bewältigt als erwartet.« gebenermaßen nicht geringen Kostendruck entgegenzuwirken. Und natürlich hat sich eine Phalanx von selbst ernannten Spezialisten aufgeschwungen, Umgehungstatbestände aufzuzeigen – mehr oder minder erfolgreich. Dabei ist eines klar: Die gesetzgeberische Absicht, einem Taxifahrer, Friseur oder Verkäufer einen angemessenen Lebensunterhalt zuzugestehen, ihm zu erlauben, mit seiner Tätigkeit den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu verdienen, ist sicherlich nicht zu kritisieren. Und es kann auch nicht angehen, dass Unternehmer Löhne zahlen, die nicht einmal diese Selbstverständlichkeit erlauben, obgleich die Kunden durchaus bereit sind, für guten freundlichen Service auch etwas mehr zu zahlen, und die Tariferhöhungen eben – überwiegend – nicht zu Auftragsund Umsatzeinbrüchen geführt haben. Klar ist auch, dass die Mehrzahl der Unternehmen im oft gescholtenen Taxigewerbe diese Selbstverständlichkeit auch umsetzt bzw. zuvor schon umsetzte. Das haben die Kontrollen der zuständigen Zollbehörden im vergangenen Jahr auch überwiegend gezeigt. Bis zum 30. Juni 2015 wurden durch die Bundesbehörde 24 970 Überprüfungen in den verschiedensten Branchen durchgeführt und 146 Verstöße registriert (Quelle: „Tagesspiegel“ vom 26. Juli 2015). Auch eine Anfrage der Grünen im Bayrischen Landtag vom 14. Juli 2015 wurde beantwortet: 0,13 Prozent der überprüften bayrischen Betriebe sahen sich einem Verdacht ausgesetzt (Bayrischer Landtag, Drucksache 17 / 7662 vom 16. September 2015). Dies sind Zahlen bezogen auf die Gesamtwirtschaft, und auch wenn die alte Weisheit „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!“ gilt, zeigt sich deutlich, dass die Botschaft bei der Mehrzahl der Unternehmen angekommen ist und die überwiegende Mehrheit, trotz allen Unkenrufen, ordnungsgemäß arbeitet! Dies wird auch durch die Kontrolldichte am Jahresende bestätigt. Das angeblich so verkrustete, aufgrund gesetzlicher Bestimmungen als „monopolartig“ bezeichnete Gewerbe hat sich der Herausforderung MiLoG gestellt, diese angenommen und besser bewältigt als erwartet! Es ist einfach, eine Branche auszusuchen, unter Generalverdacht zu stellen, um Kontrollen, gleich wie viele und wie genau, zu rechtfertigen. Aber ein Generalverdacht ist generell nicht gerechtfertigt. Zumal auch Genehmigungsbehörden im Rahmen der Konzessionsverlängerung ihre Kontrolldichte immer weiter auszudehnen suchen und sogar in Zuständigkeiten von Finanzbehörden eingreifen wollen. Eine Tendenz, die bundesweit zu beobachten ist und offensichtlich durch Behörden – contra legem – durchgesetzt werden soll, entgegen den tatsächlichen gesetzlichen Zuständigkeiten und auf rechtsstaatlich bedenkliche Art und Weise. Um es klar auszusprechen: Kontrollen müssen sein, aber auch Vertrauen ist gut! au Axel Ulmer zählt zum Taxi Times-Kolumnistenkreis. Der ausgebildete Volljurist mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht – insbesondere PBefG – fungiert als Unternehmensberater für die Ulmer Consulting UG in Kaiserslautern. Den Schwerpunkt seiner Kunden bilden Taxiunternehmer und Zentralen. FOTOS: Fotolia / NEWS&ART, Taxi Times FOTO: Taxi Times In vielen Städten Norddeutschlands hätten die Unternehmer die Anzahl der Taxis oder zumindest deren Einsatzzeiten reduziert. „Bei uns fahren sonntags bis mittwochs nachts deutlich weniger Fahrzeuge“, berichtet beispielsweise Ingo Heuermann von der Bremer Taxizentrale. In Bielefeld sei die Zahl der Taxikonzessionen gar um 10 bis 15 Prozent rückläufig. Taxiunternehmerin Siegrid Garic führte diese Bereinigung allerdings auch auf strengere Kontrollen der Genehmigungsbehörden zurück. Vor allen Dingen in den Regionen, in denen im letzten Jahr zweistellige Tariferhöhungen durchgesetzt werden konnten, hat sich die wirtschaftliche Situation deutlich verbessert (was nicht zuletzt auch an den gesunkenen Spritpreisen lag). „Berlin profitierte darüber hinaus von einem starken Tourismus in der Hauptstadt“, berichtete Detlev Freutel vom Taxiverband Berlin e.V. Etwas gedämpfter fiel die Bilanz in Niedersachsen und in Hamburg aus: Gunther Zimmermann vom GVN berichtete von einer 20-prozentigen Tariferhöhung, die allerdings auch zu einzelnen Kundenverlusten geführt habe. Außerdem beobachte man eine steigende Anzahl von Mietwagenanmeldungen, weil dort weniger Kontrollen stattfinden würden. Als „dramatische Entwicklung“ interpretierten Hamburger Kollegen den Rückgang der Konzessionen. Die Zahl der Hamburger Taxis werde bald auf unter 3000 fallen, man könne deshalb zu bestimmten Zeiten kaum noch bedienen, schlug Thomas Lohse von der Hamburger Taxen-Union Alarm. Die Taxiunternehmen würden darüber hinaus kaum Personal finden. jh 14 FEBRUAR / 2016 TAXI
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