WETTBEWERB ZENTRALENCHEF UND RECHTSANWALT DIETER SCHLENKER UND HERWIG KOLLAR »UNSERE QUALITÄT IST GENAUSO GUT« Dieter Schlenker (60) gründete 2007 die Taxi Deutschland eG und ist dort – wie auch seit 30 Jahren bei der Taxi Frankfurt eG – Vorstandsvorsitzender. Ebenso lange ist auch Herwig Kollar als Rechtsanwalt in Frankfurt mit dem Schwerpunkt Taxi tätig. Der Jurist ist Vorsitzender der Frankfurter Gewerbevertretung Taxi Union und seit Oktober 2015 auch Mitglied im Vorstand des Bundesverbands BZP. Schlenker agiert nach dem Motto „Wer sich nicht bewegt, wird bewegt“. Unterstützt von Rechtsanwalt Kollar hat seine Genossenschaft Taxi Deutschland in den letzten Jahren erfolgreich gegen die Vermittlungsapplikation UberPOP und gegen die Rabattaktion von mytaxi ge klagt. Beide Verfahren sind aber noch nicht abgeschlossen. Im zweiten Teil unseres Interviews geht es um die eigenen Schwachstellen, Qualitätsanforderungen und Abhängigkeiten. TAXI TIMES: Herr Kollar, unser Titelbild der letzten Taxi Times-Ausgabe zeigt eine Wippe im Ungleichgewicht. Das viele Kapital der externen App Vermittler drückt uns nach oben. HERWIG KOLLAR (HK): Am Spielplatz hieß es bei uns immer: Wer oben sitzt, würde verhungern. Sehr symbolisch, ihr Titelbild. So war es beabsichtigt. Kann das Gleichgewicht wiederhergestellt werden, beispielsweise durch ihre seit Monaten laufenden langwierigen Gerichtsverfahren gegen Uber und mytaxi? DIETER SCHLENKER (DS): Es ist zumindest ein Baustein. Ein anderer Baustein muss aber auch sein, erheblich in die Öffentlichkeitsarbeit zu gehen, um das Bewusstsein innerhalb der Bevölkerung und damit bei unseren Taxikunden zu schärfen. Bei aller technischen Finesse in Bezug auf die Auftragsvermittlung: Die Arbeit muss weiterhin vom Dienst leister bewältigt werden, und er muss dafür sozial verträglich entlohnt werden. Damit kann an der Preisschraube schon mal nicht gedreht werden. HK: Der Kunde reagiert nun mal, wenn die Beförderungsleistung preisgünstiger angeboten wird. Das sind genau die Strategien von Uber und mytaxi: Sie kaufen sich den Markt mit echten Preisvorteilen für den Fahrgast. Das ist ein Zuschussgeschäft, das im Fall von mytaxi das Unternehmen Daimler bezahlt und bei Uber dessen Fahrer durch einen geringeren Verdienst. Und zu Spitzenzeiten auch der Kunde – Stichwort „Surge Pricing“. HK: Es ist nachvollziehbar, wenn der Kunde bei ansonsten vergleichbarer Leistung das günstigere Angebot wahrnimmt. Dem Verbraucher muss klar sein, dass dieser Vorteil nur vorübergehend ist. Wenn die Unternehmen erst einmal ihren Marktanteil erobert haben, werden sie die Preise in beide Richtungen diktieren. Bei der Vermittlungsprovision ist Uber in Amerika schon jetzt bei 25 bis 30 Prozent, und mytaxi hatte dies vor zwei Jahren auch schon mal angedacht. Der Kunde wiederum muss zu Spitzenzeiten das bis zu Zehnfache des regulären Preises bezahlen. Der vermeintliche Vorteil, vorher günstiger gefahren zu sein, ist dann schnell aufgezehrt. Viele Kollegen sehen keinen Unterschied, ob sie nun von mytaxi oder von einer Taxizentrale abhängig sind. HK: Bei aller Motzerei auf die Taxizentralen: Wenn die heutigen mehrheitlich genossenschaftlichen Strukturen des Taxigewerbes irgendwann einmal zerstört sind, wird der Unternehmer das teuer bezahlen müssen. Dann gibt es auch kein Zurück mehr. Der entscheidende Kampf des Taxigewerbes ist also, dass wir uns unsere Selbstorganisation erhalten. Muss nicht auch deutlich die Qualität verbessert werden? Kunden und Medien werfen den Taxifahrern schlechten Service vor. DS: Da muss ich widersprechen. Unsere Qualität ist genauso gut wie die der neuen Mitbewerber. Die vom Kunden so beliebte Fahrerbewertung führen wir in Frankfurt auch durch. Mit welchem Ergebnis? DS: Der Durchschnitt liegt bei 4,4 von möglichen 5 Punkten. Zum Vergleich: Die Telekom ist schon über einen Mittelwert von 3,7 heilfroh. Wir müssen bei unseren Wettbewerbern genau hinsehen und das, was sie besser machen, übernehmen. Was hat sich in diesem Zusammenhang schon alles getan in den letzten Jahren? DS: Wir haben unsere Bestellvorgänge vereinfacht und neue Kanäle aufgetan, indem wir die Bestellung über Facebook Messenger und hoffentlich bald auch wieder über WhatsApp ermöglichen. Damit zeigen wir, dass wir auch technologisch ganz weit vorne sind. Wo müssen wir noch aufholen? HK: Beim gemeinsamen Branding der Marke Taxi. Wir haben Taxi Frankfurt, Taxi München, Taxi Hamburg etc. Uber FOTO: Taxi Times 10 SEPTEMBER / 2016 TAXI
WETTBEWERB Dieter Schlenker (r.) und Herwig Kollar: „Wenn die heutigen mehrheitlich genossenschaftlichen Strukturen des Taxigewerbes irgendwann einmal zerstört sind, wird der Unternehmer das teuer bezahlen müssen.“ Zum Schluss noch ein Ausblick: Welche Auswirkungen hätte TTIP auf das Taxigewerbe? DS: Wenn TTIP kommt, werden solche Auseinandersetzungen, wie wir sie im Moment noch mit den nationalen Gerichten ausfechten, künftig keinen Wert mehr haben. Warum? HK: Wir könnten weiterhin vor einem deutschen Gericht Verstöße gegen das PBefG anklagen und würden dann auch hoffentlich weiterhin Recht bekommen. Mit TTIP könnte dann allerdings die Bundesrepublik auf Schadenersatz verklagt werden. und mytaxi sind jeweils überregionale Marken. Wenn der Geschäftskunde hier beispiels weise seine Kreditkarte im Portal hinter legt, dann kann er in all diesen Städten bargeldlos bezahlen. Ähnlich ist es im Tou rismus. Gäste aus Übersee sind sehr Uber affin. Das Taxigewerbe muss sich noch viel besser vernetzen, um für die Touris musbranche ein verlässlicher Partner zu sein. Also muss man in Amerika auch eine Taxi-Deutschland- und eine taxi.eu-App bewerben? HK: Nein, wir können in Amerika kein Marketing für diese Produkte betreiben. Wir müssen aber die bestehenden Taxinetzwerke fördern, wie beispielsweise das globale Taxinetzwerk UpTop der IRU. Wofür? HK: Weil es in Deutschland ein Gesetz gibt, in unserem Fall das PBefG, das einem Unternehmen wie Uber den Zugang zu einer Geschäftsidee verweigert. Bevor sich ein Staat dem Risiko einer hohen Schadenersatzforderung aussetzt, ändert er doch lieber das PBefG, damit Uber sich eben nicht beschwert. Herr Schlenker und Herr Kollar, vielen Dank für das Interview. Das Gespräch führte Jürgen Hartmann.
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