TAXIZENTRALEN STUNDEN ODER REDUZIEREN Zahlreiche Taxizentralen hatten früh auf die drastischen Umsatzeinbrüche ihrer angeschlossenen Teilnehmer reagiert und die monatlichen Beiträge angepasst. Für die Taxizentralen im städtischen Bereich war der Umgang mit der Corona-Krise ein Drahtseilakt. Auf den Rückgang der Taxibestellungen reagierte man mit Kurzarbeit für die Mitarbeiter des Call-Centers. Gleichzeitig gingen auch die Einnahmen zurück, denn etliche Taxibetriebe hatten ihre Flotte ganz oder teilweise stillgelegt und damit auch die Mitgliedschaft bei der Taxizentrale gekündigt. Jenen Taxiunternehmen, die dabeigeblieben sind, kamen die Zentralen finanziell entgegen. So hatte beispielsweise die Taxi Nürnberg eG bereits Mitte März seinen Genossen mitgeteilt, dass man die Funkbeiträge für April stunden werde. Ähnlich agierten zahlreiche Taxizentralen, zum Beispiel in Wien, Offenbach (Fledermäuse), Frankfurt und Stuttgart. „Wir stehen zusammen – gemeinsam durch die Corona- Krise“, hatte die Taxi Frankfurt eG in einem Schreiben an seine Teilnehmer verlauten lassen. „Auch unsere Möglichkeiten, Mittel und Rücklagen als mittelständische Taxizentrale sind begrenzt, Ihnen – den Taxibetrieben – direkt zu helfen. Dennoch haben wir uns nach Rücksprache mit unserer Hausbank dazu entschlossen, dass wir die nächste Vermittlungsgebühr stunden.“ In Stuttgart wurden parallel mit der Stundung auch bereits die Rückzahlungsmodalitäten festgelegt: „ab September bis Dezember in vier Raten.“ GEBÜHRENERLASS UM 50 % Andere Taxizentralen haben auf das Mittel der Stundung ganz bewusst verzichtet und stattdessen einen Teil der fixen Funkgebühren erlassen. Berliner Taxiunternehmer mussten beispielsweise im April nur die Hälfte der fixen Gebühren bezahlen, im Mai rund zwei Drittel. „Wir haben uns bewusst gegen eine Stundung der Beiträge entschieden, weil unsere Funkteilnehmer zu dem Zeitpunkt, wenn sich das Geschäft wieder normalisiert, ja nicht das Doppelte verdienen werden, um dann die laufenden wie auch die aufgelaufenen, gestundeten Funkgebühren zurückzubezahlen“, begründete Hermann Waldner von Taxi Berlin die Entscheidung gegenüber Taxi Times. Man habe als Zentrale, wo immer möglich, die Betriebskosten gesenkt und könne nun das damit Erreichte weitergeben. Scharf kalkulierend und partnerschaftlich haben nicht nur große, sondern auch kleine Zentralen agiert. So verzichtete zum Beispiel die Taxizentrale Passau auf die Funkgebühren. „Um unsere Mitglieder in der derzeit schwierigen Lage finanziell zu entlasten, haben Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam beschlossen, ab dem 1.April 2020 für unsere 40 Mitglieder die monatlichen Beitragszahlungen nicht zu stunden, sondern bis auf Weiteres auszusetzen“, teilte Vorstandsvorsitzender Andreas Keil gegenüber Taxi Times mit, versprach aber, dass die Zentrale weiterhin rund um die Uhr besetzt sein werde. „Wir werden keines unserer Mitglieder im Regen stehen lassen.“ jh Anstatt im März und April müssen viele Taxiunternehmer ihre Funkgebühren erst im Herbst 2020 bezahlen. HILFEN DURCH SYSTEMANBIETER Taxizentralen mussten sich seit den Corona- Maßnahmen auf veränderte Geschäftsfelder und reduzierte Funkgebühr-Einnahmen einstellen. Unterstützung bekamen sie dabei von ihren Zulieferern der Taxi-Vermittlungssoftware. So hat beispielsweise FMS/Austrosoft, dessen Vermittlungssystem von 155 Taxizentralen in elf Ländern Europas genutzt wird und über das auch Bestellungen der europaweiten App taxi.eu Dank entsprechender Software-Tools können Mitarbeiter von Taxizentralen auch von zu Hause aus Taxibestellungen aufnehmen. abgewickelt werden, sein Homeoffice-Tool gleich zu Beginn der Corona-Krise den Taxizentralen zunächst lizenzfrei zur Verfügung gestellt. „Damit können die Zentralen Heimarbeitsplätze einsetzen, was einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit aller Mitarbeiter darstellt“, sagte FMS-Geschäftsführer Robert Abel. Seibt & Straub, ein weiterer Anbieter von Vermittlungssoftware inklusive integrierter App „cab4me“, hatte sein Homeoffice-Feature ebenso lizenzfrei zur Verfügung gestellt. KOSTENFREIE SIM-KARTEN Außerdem hatte Seibt & Straub bereits ab April die Servicegebühren für alle Fahrzeuge erlassen, die bei den Funkzentralen von den dortigen Teilnehmern stillgelegt worden waren. „Die Stilllegungen werden automatisch von Monat zu Monat verlängert, solange die Corona Beschränkungen in Kraft sind. Auch für die eingesetzten SIM-Karten werden während der Stilllegung keine Kosten berechnet“, erklärte Geschäftsführer Stefan Straub, der sich in diesem Zusammenhang auch bei den Telefonie-Partnern Telekom und Vodafone bedankte, die durch ihr Entgegenkommen diese Kulanz ermöglicht hätten. Kulant zeigte sich auch das Unternehmen Taxi-Butler, dessen Geräte weltweit von Taxizentralen und Unternehmen in Hotels und bei anderen Vielbestellern eingesetzt werden. Seit April hatte man die Monatsmiete um 50 Prozent reduziert. Die Firma betonte, dass der Rabatt nicht zurückgezahlt werden muss. Unterstützung für die Taxizentralen gab es indirekt auch von Sixt. Dort hatte man im April bekannt gegeben, dass man den eigenen operativen Betrieb im Bereich der Fahrtenvermittlung schließen und über die Sixt-App „Ride“ ausschließlich Taxis vermitteln werde. Davon könnten letztlich auch Taxibetriebe profitieren, sofern sie den Appell von Sixt beherzigen: „Wenn Sie nach der Krise für Ihr Unternehmen Chauffeure suchen, denken Sie bitte an unsere gute ausgebildeten ehemaligen Kollegen.“ jh FOTOS: Adobe Stock / Wolfilser, Adobe Stock / Paolese 18 2. QUARTAL 2020 TAXI
TAXIZENTRALEN HEUTE GERADE, MORGEN UNGERADE Auf den drastischen Rückgang der Fahrtenvermittlungen reagierte eine Taxizentrale mit einem alternierenden System in der Funkvermittlung. Die Idee fand viel Zuspruch. Am 13. März 2020 hatte Christian Linz (rechts) das Steuer von Wolfgang Ziegler als Vorstand der Taxi-Zentrale Nürnberg eG übernommen. Die Abschiedsfeier war die letzte Veranstaltung in Nürnberg vor den Corona-Beschränkungen. Als erste Taxizentrale in Deutschland hatte die Taxi-Zentrale Nürnberg eG ihr System in eine abwechselnde 50:50-Vermittlung umgewandelt. An ungeraden Tagen, wie zum Beispiel am 3. April 2020, wurden ausschließlich Taxis mit ungeraden Konzessionsnummern, wie zum Beispiel die Nummer 475, von der Zentrale vermittelt. Am nächsten Tag kamen die Taxis mit einer geraden Konzessionsnummer zum Zug. Die gleiche Regelung galt für die Aufstellerlaubnis der Taxis am Nürnberger Flughafen. Christian Linz, neu gewählter Vorstand der Taxi-Zentrale Nürnberg eG, erläuterte auf Anfrage der Taxi Times, wie die 50:50-Regelung bei den Mitgliedern ankam: „Die Reaktion seitens der Kollegenschaft war anfangs durchwachsen, insbesondere, was die Vielzahl der 1-Taxi-Unternehmer anbelangt. Nachdem es sich um einen scharfen Eingriff in die Fahrautonomie des Unternehmers handelt, hatten wir zunächst nicht nur Zustimmung.“ Als dann aber der Sinn der Maßnahme zu greifen begann (halbe Arbeitszeit bei gleichem Umsatz), verstummten die Skeptiker. STAMMKUNDENFAHRTEN WAREN MÖGLICH Die Regelung betraf aber nicht alle Fahrten. Die Nürnberger Zentrale wies ausdrücklich darauf hin, dass selbstverständlich jeder Taxiunternehmer weiterhin seine Privat- und Stammkunden fahren dürfe. Ebenso waren Fahrten für den Behindertenfahrdienst nicht von der 50:50-Regelung betroffen. Rund vier Wochen nach der Einführung konnte man eine erste Zwischenbilanz ziehen. So wurde durch die Funkteilung erreicht, dass in der Spitzenzeit nie mehr als 150 Taxis „auf der Straße“ waren. Die Unternehmen konnten so zumindest an jedem zweiten Tag hinreichenden Umsatz erwirtschaften. Taxi-Unternehmen mit angestelltem Personal konnten zudem in der Zeit, in der die Fahrzeuge nicht einsetzbar waren, die entsprechenden Mitarbeiter kurzarbeiten lassen. „So besteht die Möglichkeit, dass jedes Geschäftsmodell die derzeit existenzielle Krise ökonomisch aushalten und überstehen kann“, hieß es in einem Rundschreiben an die Nürnberger Taxiunternehmer. Wie Christian Linz gegenüber Taxi Times verriet, war keine bestimmte Laufzeit für das 50:50-Vermittlungsverfahren definiert: „Perspektivisch kann ich Ihnen mitteilen, dass die derzeitige Beschlusslage vorsieht, die Funkregelung so lange laufen zu lassen, wie es zu keinen Vermittlungsengpässen kommt. Mit anderen Worten: Wenn das Geschäft wieder anzieht, werden wir zum Normalbetrieb übergehen.“ Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe (Anfang Mai) war das noch nicht der Fall. hs Auch in schwierigen Zeiten: FOTO: Taxi Times Wir bieten Ihnen für Taxen und Mietwagen: Preisgünstige Sondertarife für Taxen und Mietwagen Besondere Flottenkonditionen ab 3 Konzessionen Sondereinstufungen für Neueinsteiger Rechtschutz- und Betriebshaftpflichtkonzepte Carl-Zeiss-Str. 49 85521 Riemerling/Ottobrunn Telefon 089 / 58 90 96 70 Web www.fvo-finanz.de E-Mail [email protected] UNTER STÜTZER DES TAXI GEWERBES TAXI 2. QUARTAL 2020 19
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