§ 64c Taxiunternehmer mit mindestens 20 Fahrzeugen in der Flotte müssen künftig auch Inklusionstaxis haben. ROLLSTUHLTAXIS WERDEN ZUR PFLICHT Ganz am Ende des PBefG taucht künftig ein Paragraf auf, der vor allem Mehrwagenbetriebe betrifft. Sie müssen barrierefreie Fahrzeuge in ihrer Flotte haben. Aber nicht alle und nicht sofort. Die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen finden sich nun auch im neu hinzugekommenen Paragrafen 64 c des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Sie sollen vom Aufgabenträger mit dem Ziel berücksichtigt werden, eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit zu erreichen. Konkret bedeutet dies, dass jede Kommune dafür sorgen muss, dass der betroffene Personenkreis jederzeit die Möglichkeit hat, auf rollstuhltaugliche Fahrzeuge (Inklusionstaxis) der gewerblichen Personenbeförderung zurückgreifen zu können. Das PBefG schreibt deshalb ab August 2021 vor, dass Taxiunternehmen mit 20 Fahrzeugen und mehr grundsätzlich mindestens ein barrierefreies Fahrzeug anbieten müssen. Ab dieser Flottengröße müssen grundsätzlich fünf Prozent der Flotte barrierefrei sein. Diese Vorgabe gilt ebenfalls für Unternehmen des gebündelten Bedarfsverkehrs. Mietwagen sind dagegen von dieser Verpflichtung befreit, außer es liegen die auf Seite 4 beschriebenen Voraussetzungen vor, die eine Bewertung des Mietwagens nach den Vorgaben des gebündelten Bedarfsverkehrs ermöglichen. Dann kann die 5-Prozent-Regelung auch ab 20 Mietwagen angewandt werden. Zurück zum Taxi: Ein sehr langer Absatz 2 des § 64c ermöglicht es den Genehmigungsbehörden, von den Vorgaben zur Barrierefreiheit abzuweichen, sofern technische und/ oder wirtschaftliche Gründe dies rechtfertigen. Umgekehrt kann sie auch zusätzliche Vorgaben im Interesse der Barrierefreiheit auferlegen, sofern hierdurch keine unzumutbare wirtschaftliche Härte für die betroffenen Unternehmen entstehen. „Grundsätzlich ist hier zu berücksichtigen, dass barrierefreie Fahrzeuge für Unternehmer mit signifikant höheren Kosten verbunden sind“, rät der Bundesverband Taxi und Mietwagen in einem Leitfaden, der speziell an die Behörden gerichtet ist. Er verweist zudem darauf, dass gezielte Förderprogramme diesen wirtschaftlichen Nachteil ggf. teilweise ausgleichen können. Solche Programme existieren derzeit unter anderem in Berlin, Hamburg, München und Stuttgart. Die hier angesprochene unzumutbare wirtschaftliche Härte dürfte auch bei der Frage ins Spiel kommen, ob Mehrwagenbetriebe mit mehr als 20 Taxis gleich zum 2. August die erforderliche Anzahl an Inklusionstaxis in der Flotte haben müssen. „Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass einer sofortigen Umrüstung von Fahrzeugen wirtschaftliche Gründe entgegenstehen und angemessene Übergangsfristen einzurichten sind“, interpretiert dies der BVTM. Er empfiehlt den Dialog zwischen Genehmigungsbehörde und betroffenen Unternehmen. jh SO STEHT ES NEU IM GESETZ § 64c, Barrierefreiheit: (1) Beim Verkehr mit Taxen und beim gebündelten Bedarfsverkehr sollen die Aufgabenträger die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel berücksichtigen, eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit zu erreichen. Hierfür ist ab einer Anzahl von 20 Fahrzeugen eine Mindestverfügbarkeit von barrierefreien Fahrzeugen je Unternehmer vorzusehen, für die ein bundesweiter Richtwert von 5 Prozent bezogen auf die Anzahl der von dem Unternehmer betriebenen Fahrzeuge gilt. Die Maßgaben des § 35a, Absatz 4a der Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung vom 26. April 2012 (BGBl. I S. 679), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 26. November 2019 (BGBl. I S. 2015) geändert worden sind, an barrierefreie Fahrzeuge finden Anwendung. (2) Die Genehmigungsbehörde kann Einzelheiten zur Herstellung einer weitgehenden Barrierefreiheit im Hinblick auf die Mindestanzahl vorzuhaltender barrierefreier Fahrzeuge beim Verkehr mit Taxen und beim gebündelten Bedarfsverkehr festlegen, soweit dies keine unzumutbare wirtschaftliche Härte gegenüber dem Unternehmer darstellt. Sie kann darüber hinaus Ausnahmen im Hinblick auf die Mindestanzahl vorzuhaltender barrierefreier Fahrzeuge bestimmen, die eine Einschränkung der Barrierefreiheit rechtfertigen, soweit dies nachweislich aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unumgänglich ist. FOTOS: Adobe Stock / jozsitoeroe, Taxi Times 12 2. QUARTAL 2021 TAXI
PBEFG-NOVELLE IN DER PRAXIS 2. August 2021 DIE ZEIT DRÄNGT Die Ortskunde wird abgeschafft, stattdessen muss eine Fachkunde nachgewiesen werden. Das veranlasst Behörden, schon jetzt keine Prüfungen mehr durchzuführen. FOTOS: Pixabay, Adobe Stock / jozsitoeroe § 48, Abs. 4 (FeV) Künftig sollen Neubewerber nur dann einen Personenbeförderungsschein von der Behörde ausgestellt bekommen, wenn sie eine Fachkunde nachweisen. Im Gegenzug entfällt der Nachweis einer Ortskundeprüfung, die zuletzt allerdings sowieso nur noch für Taxineulinge galt. Die neue Regelung tritt am 2. August 2021 in Kraft, führt aber bei vielen Kommunen schon heute dazu, dass keine Ortskundeprüfungen mehr abgenommen werden – mit der Folge, dass Taxibetriebe Neubewerber um einen Arbeitsplatz als Taxifahrer nicht einstellen können, weil der nötige Ortskundenachweis nicht erbracht werden kann. Gleichzeitig nimmt auch die Nachfrage der Anwärter nach den Prüfungsterminen ab, vor allem in den lernintensiven Großstädten. Dabei ist klar geregelt: Wer vor dem 2. August in Besitz eines gültigen Taxischeins inklusive nachgewiesener Ortskunde ist, genießt das sogenannte Übergangsrecht: Der P-Schein behält seine Gültigkeit auch ohne Nachweis einer Fachkunde und beinhaltet dann auch eine Fahrerlaubnis für den gebündelten Bedarfsverkehr sowie für den Linienbedarfsverkehr. FACHKUNDE NUR FÜR NEUBEWERBER Die Fachkunde müssen demnach nur Neubewerber nachweisen, unabhängig von der Verkehrsart. Damit ist also die zuletzt fehlende Chancengleichheit zwischen Taxi und Mietwagen wieder hergestellt. Über den Inhalt der Fachkunde gab es zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch keine konkreten Ergebnisse. Forderungen, dazu das Taxigewerbe in Form eines runden Tisches einzubeziehen, bleiben bisher unerhört. Falls es dem zuständigen Verkehrsministerium nicht gelingt, rechtzeitig die Inhalte einer Fachkunde zu definieren, gibt es für die nach Landesrecht zuständigen Behörden die Möglichkeit, unter Anwendung des § 74, FeV den P-Schein auch ohne Nachweis einer Fachkunde auszustellen. Bayern hat als erstes Bundesland eine solche Übergangsregelung bereits beschlossen. Das wäre Wasser auf die Mühlen all jener Unternehmer, die dann endlich wieder dringend benötigtes Fahrpersonal einstellen könnten. Und es wäre ein rotes Tuch für diejenigen, die eine Fachkunde als wichtiges Instrument einer Qualitätssicherung ansehen. Genau zwischen diesen beiden Lagern bewegt sich aktuell die Bandbreite der aktuellen Diskussion. So oder so: Die Zeit drängt und das Verkehrsministerium täte gut daran, den Landesund Kommunalbehörden schnellstmöglich Gewissheit über die künftige Fachkunde zu geben. Damit diese aus ihrem derzeitigen Dornröschenschlaf wieder aufwachen können. jh § 76, Nr. 17 SO STEHT ES NEU IM GESETZ § 48, Absatz 4, Fahrerlaubnisverordnung (FeV): Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist zu erteilen, wenn der Bewerber […] 7. Falls die Erlaubnis für Taxen, Mietwagen und den Gebündelten Bedarfsverkehr gelten soll – einen Nachweis der Fachkunde vorlegt. § 76, Nummer 14 wird folgender Satz eingefügt: Inhaber eines Führerscheins zur Fahrgastbeförderung, der vor dem 2. August 2021 ausgestellt wurde, sind auch berechtigt, Personenkraftwagen im gebündelten Bedarfsverkehr und im Linienbedarfsverkehr zu führen. Wir danken allen Vertragspartnern, Taxiunternehmern und -fahrern für ihr Durchhaltevermögen in dieser besonders herausfordernden Zeit. Wir sind auch weiterhin für Sie da. www.seibtundstraub.de
Laden...
Laden...
Laden...