TAXIZENTRALEN PR – DAS UNTERSCHÄTZTE LEBENSELIXIER DER TAXIBRANCHE Während Fahrdienstanbieter dank schier unerschöpflicher Kapitalgeber Millionen für Reklame ausgeben, kann und muss das Taxigewerbe mit guter Öffentlichkeitsarbeit punkten. Ein Überblick über besonders gelungene Beispiele. Ein Donnerstag im Mai: Eine Frau will mit ihrem Mann im Taxi ins Geburtshaus zur Entbindung fahren, aber das dauert dem Nachwuchs zu lange: Obwohl das Taxi schnell beim werdenden Elternpaar eintrifft, sind bereits kurz nach Fahrtbeginn aus zwei Fahrgästen drei geworden. Der geistesgegenwärtige Taxifahrer erblickt einen Polizeiwagen und lässt sich mit Blaulicht zum Fahrtziel eskortieren – Happy End. Die Geschichte hat sich in Hannover abgespielt und rührt die Menschen. Als die Zentrale Hallo Taxi 3811 davon erfährt, ergreifen die Geschäftsführer Wolfgang Pettau und Sven-Marcus Fürst die Gelegenheit für positive Öffentlichkeitsarbeit. Gemessen an ihrer nachrichtlichen Bedeutung mag die Geschichte keine Schlagzeile wert sein, doch sie hat das Potenzial zu einer Image-Aufwertung des Taxigewerbes. Am nächsten Tag, Freitag, schickt die Zentrale eine Pressemitteilung an die Medien, in der sie über das Ereignis informiert, die Familie vorstellt, die Gelassenheit und Geistesgegenwart des Fahrers lobt und die dankbare Mutter zitiert. Dazu kommen nette, ungekünstelte Worte der Geschäftsführer. Pettau: „Ich bin so lange dabei, aber eine Geburt in einem unserer Taxis ist mir seit mehr als 20 Jahren nicht bekannt.“ Fürst: „Die Hallo Taxi 3811 GmbH freut sich sehr über den neuen Hannoveraner Erdenbürger und wünscht der Familie alles erdenklich Gute. Wir stehen mit der Familie in Kontakt – eine Starthilfe ist Adrian sicher.“ POSITIVES MEDIALES FEEDBACK Es ist ein Beispiel gelungener PR. Am Montag wird Pettau in der „Bild“-Zeitung zitiert, es folgen am Dienstag das Online-Nachrichtenportal von t-online und News38, außerdem die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ und vermutlich weitere Medien. Als der kleine Adrian sechs Tage alt ist, berichtet die Gruner+Jahr-Zeitschrift „Eltern“ von der rührenden Geschichte, tags darauf bringt die im selben Verlag erscheinende „Brigitte“ eine Kopie des Artikels. Einige Medien zitieren Wolfgang Pettau, alle bringen das Taxi in einem positiven Zusammenhang. Auf diese Weise werden das Taxi und die Taxizentrale in Hannover nicht durch bezahlte Reklame glänzend dargestellt, sondern das Taxi ist Schauplatz eines privaten, höchst natürlichen Geschehens, das für die Beteiligten ein Glücksmoment fürs Leben ist und das jeden zum Lächeln bringt – kostenlos und zugleich unbezahlbar in Zeiten, in denen die Todfeinde des Taxigewerbes viel aufbieten, um das Taxi schlechtzumachen und selbst gut dazustehen. Mit millionenschweren Werbekampagnen dringen Uber & Co. immer weiter in das (Unter-)Bewusstsein der Verbraucher vor. Die Rechtsverstöße, von denen die Partnerbetriebe und ihre Fahrer leben, werden von unkritischen Medien und desinteressierten, inkompetenten und digitalisierungsfixierten Politikern eisern ignoriert bzw. sogar begünstigt. Das ist sehr einfach in Zeiten, in denen die Konsumenten zur Unmündigkeit manipuliert werden und die Werbung ihnen das Qualitätsbewusstsein FOTOS: Screenshots Bild, HAZ, Eltern, t-online, news38.de 20 2. QUARTAL 2023 TAXI
TAXIZENTRALEN Wer sichergehen will, in der Presse gut rüberzukommen, bietet auf seiner professionell gestalteten Internetseite gute Fotos und Texte an – so wie die Wiener Zentrale 40100. Fruchtbare Kooperation: Taxi München eG und Radio Gong (Ausschnitt aus einem Screenshot der Internetseite) FOTOS: Screenshots Wiener Zentrale 40100, Radio Gong abtrainiert und durch Spardenken ersetzt. Längst gilt Uber unter unkritischen Jugendlichen als cool und Mietwagen bieten in deren Wahrnehmung das gleiche wie Taxis. Da das Taxigewerbe keine Milliardenkonzerne hinter sich hat, sondern aus eigener Kraft überleben muss, steht ihm kein Werbeetat wie Uber & Co. zur Verfügung. Stattdessen ist die Branche dazu verdammt, mit Qualität und guter PR zu punkten, so wie die Hannoveraner Zentralenchefs mit der schönen Geschichte des im Taxi geborenen Babys. SO GEHT POSITIVE PR Auch in Hamburg, München und Wien setzt man seit Langem auf PR zur Imagepflege. So hat die Münchner Taxigenossenschaft zu einem der Bahnstreiks der letzten Jahre eine Werbeaktion ins Leben gerufen, bei der die Zentrale in Kooperation mit einem Münchner Radiosender Taxifahrten verlost, wobei jedes Mal die Taxi München eG genannt wird. Die Wiener Zentrale Taxi 40100 ist ebenfalls in Sachen PR-Arbeit versiert und meldet sich seit Jahren immer wieder mit positiven Nachrichten bei den Medien, sei es mit Wohltätigkeitsveranstaltungen, Treuekonzerten, Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge, Weihnachtsgeschenken für sozial benachteiligte Kinder, Spenden an einen Verein für Krisenprävention oder Unterstützung einer Einrichtung für Therapie mit Tieren. „Tu Gutes und sprich darüber“, lautet eine Weisheit. Auch amüsante Geschichten können das Taxigewerbe im positiven Sinne zum Konsumenten transportieren. Manchmal meint das Schicksal es nicht gut mit dem Ruf des Gewerbes, etwa als eine Wiener Kundin von einem Uber-Taxifahrer und dem Uber-Konzern alles andere als kundenfreundlich behandelt wurde. Das Knifflige war, dass durch das österreichische Einheitsgewerbe aus Taxi und Mietwagen ein solcher Vorfall im Zweifelsfall auf das gesamte Gewerbe zurückfällt und den Ruf des Taxis beschädigt. Doch Eveline Hruza, Generalsekretärin der Zentrale 40100, nutzte die Begebenheit geschickt, indem sie sich von Uber distanzierte und die enttäuschte und verärgerte Kundin auffing: „Voller Entsetzen mussten wir heute feststellen, dass der Kundenservice anscheinend nicht allen Taxivermittlern wichtig ist“, so Hruza über den Uber-Fahrer, der „auf die Bedürfnisse einer Pensionistin, die mit ihren Katzen unterwegs war, ganz und gar nicht eingegangen“ sei. Hruza bot der Kundin einen Gutschein an, um ihr zu zeigen, „dass es in Wien Taxivermittler gibt, denen das Wohl der Kunden (und ihrer Tiere) noch am Herzen liegt“. DAS TAXI KANN VIELES Auch ist das Taxigewerbe gut beraten, den vermeintlich technischen Vorsprung der Mietwagenbranche in Form von App-Vermittlung deutlich als das zu entlarven, was er in Wahrheit ist: eine Minderauswahl an Bestellmöglichkeiten. Ein Taxi per App zu bestellen, ist etwas Normales, was Hunderte von Zentralen entweder mit eigenen Apps oder durch Zusammenschlüsse wie Taxi Deutschland und taxi.eu ermöglichen – zusätzlich zu den weiteren Bestelloptionen, also telefonisch, per Autobooking, mit Rufautomat usw., betreut durch Zentralen, die im optimalen Fall rund um die Uhr erreichbar sind und wo Menschen zuhören und sich der Anliegen der Kunden annehmen. Solch einen Service hat nun auch Uber für sich entdeckt. Seit Kurzem bietet man tatsächlich auch die telefonische Bestellung an (siehe nebenstehender QR- Code). Das Problem ist auch hier die mangelnde Kommunikation: Vielen Kunden ist die Möglichkeit, bei klassischen Zentralen ein Taxi per App zu bestellen, schlicht und Uber entdeckt telefonische Bestellung. einfach nicht bekannt. Immer wieder hört man: „Seit es Free Now gibt, kann ich Taxis endlich auch per App bestellen, das wurde auch Zeit.“ Natürlich bieten Taxizentralen die Möglichkeit schon ebenso lange an. Offensichtlich liegt hier ein schwerwiegendes PR-Defizit vor. PR-PROFIS KÖNNEN HELFEN In Hamburg läuft es für das Taxigewerbe bekanntlich in vielen Hinsichten besser als in anderen Großstädten. Das liegt nicht nur an der funktionierenden Verkehrsgewerbeaufsicht. Auch die PR für das Taxi liegt hier in professioneller Hand: Die Hansa Funktaxi eG leistet sich einen PR-Berater, der für die Außenwirkung verantwortlich ist. Dass dieser Etat eine sinnvolle Ausgabe ist, zeigt unser Beitrag auf der nächsten Seite. Auch Extremsituationen wie Corona und kleine Ereignisse bieten mitunter die Möglichkeit, in der Krise die Herausforderung zu sehen und sogar zum Retter zu werden – wie der Fall der Münchner Zentrale zeigt. Wenn alle Taxizentralen auf die Ankündigung jedes ÖPNV-Streiks eine Standard- Meldung an die Medien schicken, dass das Taxi natürlich bereitsteht, gleichzeitig aber um Verständnis bittet, wenn es länger dauert, dann trägt das dazu bei, dass das Taxigewerbe dauerhaft in einem positiven Zusammenhang wahrgenommen wird. Da solche Ereignisse selten vorhersehbar sind, sind Taxizentralen gut beraten, regelmäßig positive PR zu machen, was nicht teuer sein muss, und für Ausnahmefälle, die wahrscheinlich irgendwann eintreten werden, die passende vorformulierte Presseerklärung bereits in der Schublade zu haben. Dabei sollten die Zentralen sich ohne Stolz oder falsches Konkurrenzdenken gegenseitig unterstützen, denn man sitzt im selben Boot, und der Feind hat eine große Portokasse. ar TAXI 2. QUARTAL 2023 21
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