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Taxi Times DACH - 2. Quartal 2023

VERBÄNDE UND ZENTRALEN

VERBÄNDE UND ZENTRALEN UNTERSTÜTZUNG FÜR HINTERBLIEBENE DES ERMORDETEN KOLLEGEN Mit tiefer Trauer und großer Bestürzung müssen wir an dieser Stelle über das Schicksal unseres Kollegen Mustafa Akan berichten. Er fiel am Gründonnerstag, am 6. April, bei der Ausübung seines Berufs in Berlin-Grunewald einer tödlichen Gewalt attacke zum Opfer. Ganz offensichtlich geriet der Fahrer durch Zufall an den Täter, der wegen eines vorangegangenen Tötungsdeliktes polizeilich gesucht wurde und auf der Flucht war. Er war beim Kollegen am Bahnhof Südkreuz eingestiegen und hatte sich in den Stadtteil Grunewald fahren lassen. Dort muss er den Taxifahrer dann mit einem Messer am Hals verletzt haben. Passanten fanden den Kollegen und riefen den Krankenwagen. Der Kollege erlag dann jedoch wenig Wir werden den Kollegen Mustafa Akan so in Erinnerung behalten, wie er war: immer lächelnd. später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Er wurde nur 54 Jahre alt. Für die Hinterbliebenen des Kollegen wurde eine finanzielle Unterstützung organisiert. Die TAXIstiftung Deutschland stellte dafür 21.000 Euro bereit, der Berliner Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein 5.000 Euro. Beide Stiftungen sind vor vielen Jahrzehnten genau dafür gegründet worden. Unser Geschäftsführer Hermann Waldner gehört in beiden Organisationen dem Vorstand an. Um die Solidarität mit unserem Kollegen zu betonen, hat auch Taxi Berlin 5.400 Euro an die Familie gespendet – für jedes Berliner Taxi symbolisch einen Euro. Kein Geld kann den Verlust eines Menschen ausgleichen, doch oft wird vergessen, dass den Hinterbliebenen zusätzlich zu dem schweren Schicksalsschlag meist Kosten in immenser Höhe entstehen, die die Situation nochmals verschlimmern. In diesem Fall war auch die Überführung des Leichnams in die Türkei, wo Mustafa Akan beerdigt wurde, mit sehr hohen Kosten verbunden. Damit solche Hilfen in der Vergangenheit möglich waren und auch in der Zukunft geleistet werden können, ist es gut, dass es sowohl die TAXIstiftung Deutschland für das gesamte Bundesgebiet wie auch den Berliner Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein gibt. Beide finanzieren sich größtenteils aus Spenden innerhalb der Taxibranche. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Kolleginnen und Kollegen, die mit ihren Spenden schon viele unbürokratische Hilfen ermöglicht haben. SOLIDARITÄT IN DER GRÖSSTEN NOT Die letzten aktuellen Zahlen sind dreieinhalb Jahre alt: 230 Kolleginnen und Kollegen wurden 2019 bei Überfällen und Tätlichkeiten verletzt, im Jahr 2018 waren es 212 Fahrer und Fahrerinnen. Glücklicherweise waren in diesem Zeitraum keine ermordeten Kollegen zu beklagen. Für diese unschuldig in Not geratenen Opfer von Gewaltverbrechen aus dem Taxi- und Mietwagengewerbe wurde 1991 von der Taxi Auto Zentrale Stuttgart e.G. die TAXIstiftung Deutschland gegründet, der 1993 der Taxi-Bundesverband beitrat. Seitdem leistete die TAXIstiftung in den 26 Jahren ihres Bestehens 784.048,95 Euro an Hilfszuwendungen (Zahlen bis Ende 2019). Finanziert wird die TAXIstiftung durch Spenden, die größtenteils aus dem Taxigewerbe kommen. Der jahrzehntealte Slogan hat an Aktualität nichts verloren: „Wir hoffen, dass Sie uns niemals brauchen – aber wir brauchen Sie!“ Spendenkonto: Frankfurter Volksbank e.G. IBAN DE85 5019 0000 0000 3733 11 So wie hier einem Berliner Kollegen hat die TAXIstiftung Deutschland schon oft geholfen. UNTERSTÜTZUNG FÜR GESCHÄDIGTE Der Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein e. V. geht auf den „Eisernen Gustav“ zurück, den legendären Droschkenkutscher, der nach der Rückkehr von seiner Fahrt nach Paris eine Stiftung für die Hinterbliebenen von zu Tode gekommenen Taxifahrern gründete. Der Berliner Gewerbevertreter Heinz Peter (1930– 2022) ließ die Stiftung 1991 wieder aufleben, indem er den Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein gründete, was sein Herzenswunsch war – ebenso wie das Gustav-Hartmann-Denkmal in Berlin-Tiergarten. Der Vorstand des Vereins besteht heute aus Hermann Waldner (Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V.), Leszek Nadolski (Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V.) und Lothar Kubig (Ehrenvorsitzender der „Innung“). Der Verein wendet sich an Taxifahrerinnen und -fahrer, die verletzt oder bestohlen wurden. Es werden Gelder gesammelt und zeitnah übergeben. Die finanzielle Unterstützung soll Betroffenen helfen, das Geschehene besser zu verkraften. Spendenkonto: Berliner Volksbank eG IBAN: DE 92100900005416303004 FOTOS: Axel Rühle, Privat 28 2. QUARTAL 2023 TAXI

KOMMENTAR Uber gibt viel Geld für Werbung aus und täuscht so die Verbraucher. ES WIRD ZEIT FÜR DIE GEGENAUFKLÄRUNG Uber, Bolt & Co. schaffen es durch einseitige PR, politische Einflussnahme oder fragwürdige Gutachten immer wieder, dem Taxi massiv zu schaden. Die Gegenaufklärung ist Aufgabe jedes einzelnen Taxifahrers! FOTOS: Axel Rühle Unseriöse Anbieter taxiähnlichen Verkehrs klauen sich wie gierige Köter die Filets und lassen dem Taxigewerbe mit Vorliebe die zähen Stücke und Knochen übrig, von denen man nicht satt wird. Da die Behörden derzeit damit überfordert sind, die Köter, die sehr laut kläffen können, an die Leine zu nehmen, da sie Angst haben, gebissen zu werden, ist auch im Taxigewerbe jeder Einzelne gefragt, der Kundschaft die Vorteile des Taxis und die wahren Absichten der unseriösen Konkurrenz bewusst zu machen: Das Taxi ist als Teil des ÖPNV auch Teil der Daseinsvorsorge, sprich Teil des staatlichen Interesses, den Menschen Mobilität zu ermöglichen. Dafür gibt der Staat dem Taxi Flächen (die Taxistände), genau wie dem Linienverkehr (die Haltestellen, Trassen und Bahnhöfe). Zugleich erlegt der Staat dem ÖPNV einschließlich Taxi Pflichten auf: Er schreibt die Fahrpreise vor und spricht die Beförderungspflicht aus, damit alle, auch Menschen, die – zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen – auf Bus, Bahn oder Taxi angewiesen sind, sich darauf verlassen können, gefahren zu werden, und zwar nächste Woche zum selben Tarif wie gestern und heute. Wenn die berühmte „Oma zum Arzt“ gefahren wird, verdient der Taxibetrieb daran oft wenig. Das muss er durch lukrativere Fahrten ausgleichen. Das hat jahrzehntelang funktioniert, sowohl in ländlichen Regionen als auch in Städten, da der Staat das Taxigewerbe vor unlauterem Wettbewerb geschützt hat, indem er etwa Mietwagen verpflichtet hat, nach jedem Auftrag zum Betriebssitz zurückzukehren, und ihnen verboten hat, sich wie Taxis bereitzuhalten. Die Rückkehrpflicht für Mietwagen ist kein bürokratischer Anachronismus, sondern ein staatliches Regelungsinstrument, um den Markt gesund zu halten. Taxi ist Daseinsvorsorge, Mietwagen sind Luxus. RECHTE UND PFLICHTEN Mit künstlicher Marktbeeinflussung hat das nichts zu tun. Der Staat schützt auch Lebensmittelhändler und die Gastronomie, indem er das wilde Verkaufen irgendwelcher Speisen mit hoher Gewinnerwartung, aber ohne Genehmigung verbietet. Jedes Gewerbe ist aus gutem Grund etlichen Pflichten unterworfen. In Ländern ohne solche Pflichten herrschen oft Armut und Chaos. Geld verdienen zu wollen, ist in einer Marktwirtschaft normal. Uber & Co. verdienen Geld aber mit Rechtsbrüchen, ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein und zum Schaden der Gesellschaft: Zum einen wird dem echten Taxigewerbe die Existenzgrundlage entzogen. Zweitens wird Daseinsvorsorge zerstört, und die arbeitende Bevölkerung zahlt drauf, etwa wenn Uber-Fahrer beim Arbeitsamt aufstocken und nebenbei schwarz arbeiten, um über die Runden zu kommen – oder sogar in Saus und Braus zu leben auf diese illegale Weise. Die Konzerne machen dabei immer noch Verlust, weil es ihnen – zumindest in Europa – bisher nicht gelungen ist, die seriöse Konkurrenz, das Taxigewerbe, ganz zu verdrängen. Erst dann können die Konzerne zuschlagen und mit Mondpreisen Gewinne erwirtschaften, um die Geldgier ihrer Investoren endlich zu befriedigen. In den USA ist es in vielen Großstädten so gekommen: Uber und Lyft haben den Markt übernommen, Taxis gibt es kaum noch, und wenn ein Kunde sich weiter außerhalb abholen lassen möchte, fährt niemand hin, weil eine Tour mit langer Anfahrt nicht lukrativ genug ist. Dort kommen gebrechliche Menschen zum Teil nicht mehr zum Arzt. Dass es in Europa genauso kommen wird, wenn Uber & Co. kein Riegel vorgeschoben wird, liegt auf der Hand. Die Millionen, die Uber locker macht, überzeugen aber sowohl Politiker auf Bundes- und EU-Ebene als auch Konsumenten, die sich von der professionellen Reklame beeinflussen lassen. Fahrgäste persönlich im Taxi aufzuklären, ist daher so wichtig wie nie zuvor. ar TAXI 2. QUARTAL 2023 29

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