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Taxi Times DACH - 3. Quartal 2022

KOLUMNE ALLES TARIF …

KOLUMNE ALLES TARIF … ODER WAS? Normenkontrollverfahren – also die Überprüfung von Rechtssetzungsakten der Verwaltung – sind nicht gerade häufig, aber Sie haben es in sich. Ein Urteil des OVG Sachsen-Anhalt könnte Behörden künftig zum Schwitzen bringen. Die Höhe des Taxitarifs muss nicht nur die Kosten, sondern auch eine unternehmerische Gewinnspanne berücksichtigen. Im Taxigewerbe sind solche Normenkontrollverfahren eine absolute Ausnahme, aber im Landkreis Anhalt- Bitterfeld hat ein Unternehmer die Behörde in die Bredouille gebracht, indem er die Tarifordnung und die darin enthaltenen Tarifregelungen sehr erfolgreich angegangen hat. Und der Clou dabei: Obwohl längst in Kraft und eigentlich schon abgelaufen, geht das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt davon aus, dass Schadenersatzansprüche nicht unrealistisch sind (AZ 3 K 196 / 19 vom 16.6.2022). Dass der Senat offen davon spricht, dass die Tariffestsetzung eine Amtspflicht zugunsten der betroffenen Taxiunternehmen darstellt, also die Bestimmungen der §§ 51 Abs. 3 und 39Abs. 2 Satz 3 PBefG drittschützend sind, ist dabei bereits eine Überraschung. KLARE RICHTLINIEN Denn Tariferhöhungen und deren Aushandlung unter Beteiligung der Taxiverbände bzw. Zentralen ist ja beinahe ein Tagesgeschäft, aber das Urteil zeigt klar auf, dass der Gesetzgeber in den §§ 51 Abs. 3 und 39 Abs. 2Satz 1 PBefG klare Richtlinien aufstellt, deren Einhaltung durch den einzelnen Unternehmer überprüft werden kann und gegebenenfalls auch zu Schadenersatzansprüchen gegenüber den Behörden führen kann. Also sind seitens der Behörden nicht nur die wirtschaftliche Lage der Unternehmen, eine Verzinsung und Tilgung von Anlagekapital und die technische Entwicklung zu berücksichtigen, sondern auch die Veranschlagung von angemessenen Gewinnspannen, damit das Ziel erreicht wird, den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Gemeinwohl dienen und auch den technischen Fortschritt jederzeit angemessen berücksichtigen zu können. Der Weg zu einer solchen Tariffindung ist somit quasi vorgezeichnet und das hierbei der Behörde zustehende Ermessen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. UNVOLLSTÄNDIGE DATEN Aber kommt es – wie im entschiedenen Fall – dazu, dass im Rahmen der Neufestsetzung der Tarife Unternehmerwünsche eine überwiegende Rolle spielen und von daher die Datenermittlung zum Teil nicht vollständig war – konkret fehlte hier die Einbeziehung von Kosten für die Vermittlungszentralen – muss nach Ansicht des OVG-Senats eingegriffen werden. Das gibt in Zeiten steigender Kosten an breiter Front für das Gewerbe Hoffnung. Auch wenn im Zuge der Inflation und der enorm galoppierenden Energiepreise die Branche Nachfrageeinbrüche fürchtet, muss eine Tariferhöhung die Existenzfähigkeit der Betriebe dauerhaft sichern, um den öffentlichen Verkehrsinteressen gerecht zu werden. Diese Schlussfolgerung des Gerichts ist logisch und konsequent. Denn das Taxigewerbe als Ergänzung des ÖPNV wird rein privatwirtschaftlich betrieben, von Kleinunternehmern, die Marktbedingungen brauchen, die auch Ihre Existenz sichern. Anders als in anderen Bereichen des ÖPNV werden die Unternehmen des Taxigewerbes nicht bezuschusst und müssen sich aus sich selbst heraus finanzieren, was sich offensichtlich nicht bis zum Landkreis Anhalt- Bitterfeld herumgesprochen hat, wobei dies nur als Beispiel dient und angesichts der Äußerungen von Bundesministern in der Öffentlichkeit ein augenscheinliches Verständnisproblem im Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenhänge aufzeigt. Folge des Urteils muss daher sein, die Tarife künftig entsprechend zu modellieren und nicht nach Gutdünken festzusetzen, denn ansonsten drohen Schadenersatzklagen. Folge sollte aber auch sein, die Möglichkeit zur Festsetzung von Mindestbeförderungsentgelten für Mietwagen nach § 51 a PBefG zu nutzen, um einen fairen und transparenten Wettbewerb zu garantieren. Also alles mit Tarif, und zwar bedacht und fair! au Taxi Times-Kolumnist Axel Ulmer aus Kaiserslautern ist Unternehmensberater und Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht/PBefG. FOTOS: Hale, Taxi Times 22 3. QUARTAL 2022 TAXI

VERLAGSSONDERVERÖFFENTLICHUNG 3. QUARTAL 2022 www.taxi-times.com VERBÄNDE UND ZENTRALEN H HAMBURG B BERLIN I INGOLSTADT M MÜNCHEN BUNDESVERBAND BVTM: GESPRÄCH MIT WISSING Hansa-Taxi ZUKUNFT IST ELEKTRISCH IsarFunk QUALITÄTS- KONTROLLEN Taxi Berlin OUTSOURCING BEIM CALL-CENTER

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