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Taxi Times DACH - 3. Quartal 2022

TAXI INTERNATIONAL

TAXI INTERNATIONAL TAXI-PROTEST IN BRÜSSEL Eine beeindruckende europäische Taxidemo sorgte Anfang September in Brüssel für hohe Aufmerksamkeit. Sie offenbarte aber auch eine Spaltung im Gewerbe. Spanische Taxifahrer*innen beleben die Demo. Am 7. September fuhren über 400 Taxis und rund 1.100 Teilnehmer*innen aus sechs europäischen Ländern im Konvoi vier Stunden lang durch das Brüsseler Stadtzentrum. Mit dabei waren Taxifahrer*innen aus Spanien, Frankreich, der Schweiz, Griechenland, Großbritannien und ein großes Kontingent an Brüsseler Taxikolleg*innen. 150 der Taxifahrer*innen begleiteten den Konvoi zu Fuß. Sie kamen hauptsächlich aus Italien, da sie aus Energiespargründen mit dem Zug in die europäische Hauptstadt gefahren waren und ihre Taxis in Italien zurückgelassen hatten. Die spanischen und französischen Kolleg*innen hatten Fahrgemeinschaften gebildet und waren mit mehrfach besetzten Taxis nach Brüssel gefahren. Der Protest richtete sich in erster Linie gegen das Unternehmen Uber, aber auch gegen das Phänomen der „Uberisierung“. „Mit der Demonstration fordern wir eine umfassende Untersuchung des Uber-Files- Skandals“, sagte Abdel Sabbani, Präsident der BTF (Fédération des Taxis Bruxellois), der die Demonstration organisierte. Verteidigung des Taxis als ÖPNV. Das Beitragsfoto zeigt eine Grußbotschaft von mexikanischen Taxikollegen: „Mexiko in Brüssel mit der würdigen Ehre, unser Land zu vertreten, Ignacio Rodrigez Mejía und Aldo Soto, wir wünschen Ihnen viel Glück! Grüße vom amerikanischen Kontinent. KUNSTVOLL DEKORIERT Viele der – teilweise kunstvoll dekorierten – Taxis kommentierten die uberfreundliche Gesetzgebung in bestimmten Ländern, den Uber-Files-Skandal, Ubers fragwürdige Geschäftspraktiken und Politiker, die gegenüber Anbietern wie Uber ein Auge zudrücken. Die Demonstrant*innen wollten, dass die EU-Kommissar*innen Lehren aus den Uber- Files ziehen. Die im Juni bekannt gewordenen internen Dokumente aus den Jahren 2014 bis 2017 zeigten, wie der Plattformanbieter nationale Gesetze zu seinen Gunsten manipuliert oder sie einfach ignoriert und in jedem Land gezielt fragwürdige Verbindungen zu Politiker*innen aufgebaut hatte. „Warum wird Uber immer noch von Politikern geschützt?“ So lässt sich der Tenor des Protests zusammenfassen. Uber stärke deutlich die Bindung zwischen Taxifahrer*innen, wie ein Schweizer Taxifahrer sagte: „Sie nehmen uns die Arbeit weg, sie arbeiten illegal, sie halten sich OHNE DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH Auffällig am europäischen Taxiprotest war, dass viele führende nationale Taxiverbände – unter Ihnen die nationalen Verbände aus Belgien, Deutschland und Österreich – diese Aktion nicht öffentlich unterstützten. Das ist einerseits schade, denn die EU-Vorschläge zur generellen Regulierung für Plattformarbeitnehmer müssen dringend nachgebessert werden, damit beispielsweise selbständige Solounternehmer nicht plötzlich als Arbeitnehmer von Taxizentralen eingestuft werden. Auf der anderen Seite ist es verständlich, denn die Demoziele passen nicht zur politischen Strategie der nicht beteiligten Länder: Weil in Deutschland und erst recht in Österreich die nationale Gesetzgebung (zumindest theoretisch) genügend Spielraum lässt, um sich gegen unlauteren Wettbewerb zur Wehr zu setzen, will man die Gesetzgebung zur Personenbeförderung in nationaler Hand lassen. Die Brüsseler Taxidemonstranten dagegen fordern mehr Einfluss aus der EU, weil in den dortigen Ländern die Personenbeförderungsgesetze allzu liberal und ziemlich „uberfreundlich“ sind. Wenn die EU also tatsächlich regulatorisch stärker eingreift, wäre das immer noch schwächer als die aktuelle nationale Gesetzgebung in Deutschland und Österreich. Dazu kommt, dass die Organisatoren sich bereits vor der Demo untereinander gespalten haben. Das zumindest geht aus dem Chat-Verlauf der WhatsApp-Gruppen hervor, über die zur Streik-Teilnahme aufgefordert worden war. jh FOTOS: Wim Faber 28 3. QUARTAL 2022 TAXI

TAXI INTERNATIONAL Kollegen aus der Schweiz. Taxiprotest am Brüsseler Innenring. Italiener protestieren zu Fuß. FOTOS: Wim Faber nicht an die Regeln, aber sie werden trotzdem von der Politik geschützt. Warum?“ „Wir haben unsere Familien und unsere Arbeit verlassen, um hierher zu kommen. Wir sind hier, um unsere Existenz zu verteidigen“, sagte der Schweizer Taxifahrer Abel Ben Mbarek aus Genf. Sein Kollege aus Barcelona, Jaime Sau, fordert einen besseren Schutz des Taxisektors. „Die Grundprobleme sind in allen europäischen Ländern gleich. Wir wollen verteidigt werden, weil wir ein öffentlicher Sektor sind. Wir sind hier als Taxifahrer zusammengekommen, um mit einer Stimme zu sprechen.“ ZUFRIEDENE ORGANISATOREN Ob das alle so sahen, ist fraglich. Die Organisatoren Elite Taxi (Spanien) und der Brüsseler Taxiverband, unterstützt von Gewerkschaften wie CGT Transports (Frankreich) und Unite (Großbritannien), die eine umfassende Untersuchung des Uber-Files- Skandals durch die EU-Kommission forderten, waren mit der Beteiligung, der positiven Atmosphäre und der klassischen Kameradschaft des Taxigewerbes, die so oft bei diesen Demos auftritt, zufrieden. Die Nicht-Teilnahme von Taxis aus dem restlichen Belgien, Deutschland, den Niederlanden und Österreich sowie die mangelnde Unterstützung vieler nationaler Taxiverbände offenbarte allerdings, dass die europäische Taxiwelt in ihren Zielen, Forderungen und Lösungen sehr gespalten ist. Taxifahrer und Gewerkschaften waren die treibende Kraft für die Brüsseler Demo. Viele Taxiverbände taten sich schwer mit den beiden Organisationen – oder ihnen gefiel die Art von Demonstration nicht, weil sie lieber den direkten Dialog mit der EU- Kommission suchen. Denn ob während des Demonstrationszugs ein Gespräch mit der EU-Kommission zustande kam, oder die Forderungen der „Taxiwelt“die EU-Kommission erreichten, blieb sowohl vor als auch nach der Demo unklar. Für manch einen Taxiverband in Europa, in denen Taxizentralen und Taxibetriebe organisiert sind, ist Uber weniger ein Thema. Beispielsweise in Ländern, in denen das Alltagsgeschäft zum größten Teil aus Vertragsfahrten besteht (Kranken-, Handicap- und Schülerbeförderung), wird nicht an einem Strang gezogen, was sich dann auch auf die gewerbepolitische Arbeit der vier Organisationen der europäischen Ebene (IRU, UITP, TaxisForSmartMobility und Taxi Alliance) auswirkt. Diese Organisationen erhalten verschiedene nationale Impulse, die dann jedoch nicht zu einer effektiven Lobbyarbeit auf europäischer Ebene zusammengeführt werden. Dadurch entsteht seit einiger Zeit (lang vor dem Sommer und schon im Jahr 2021) das Gefühl, dass vor allen Dingen bei den „Großen“ nichts mehr läuft, ganz besonders bei der IRU und bei der UITP. Keine Aktion ist aber so öffentlichkeitswirksam wie eine gut organisierte, effektive und beeindruckende Demonstration, die dem Taxigewerbe auch ein Gesicht gibt. Dass Demo und Lobbyarbeit in diesem Falle nicht parallel liefen, ist eine verpasste Chance. wf Heimspiel opta data auf der Taximesse in Essen! Vom 04. bis 05.11.2022 findet die Europäische Taximesse erstmalig in Essen statt. Und opta data, Ihr Spezialist für Abrechnungsprozesse im Bereich Krankenfahrten und Krankentransporte und Wegbereiter für die digitale Steuerung Ihres Unternehmens, hat damit ein Heimspiel! Erleben Sie Abrechnungs- und Softwarelösungen aus einer Hand und besuchen Sie uns am Messestand D5 in Halle 1! Jetzt Beratungstermin buchen

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