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Taxi Times DACH - 4. Quartal 2021

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TAXAMETER EINE BOX

TAXAMETER EINE BOX RETTET VOR DEM MÜLLEIMER Noch ist nicht ganz klar, wie die Technische Sicherheits-Einrichtung (TSE) aussehen wird, die ab 2024 die Taxameter manipulationssicher machen soll. Es zeichnen sich aber bereits erste Lösungsvarianten ab. Das Titelcover der letzten Ausgabe der Taxi Times hat für Wirbel gesorgt. Gezeigt wurden dort Taxameter, die in die Mülltonne fliegen. Damit sollte symbolisiert werden, dass die Geräte so, wie sie aktuell in den Taxis im Einsatz sind, ab 1. Januar 2024 nicht mehr verwendet werden dürfen. Hintergrund ist die „Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung“, in der unter anderem beschlossen wurde, dass künftig auch Taxameter und Wegstreckenzähler unter die Kassensicherungs-Verordnung fallen. Das bedeutet, dass für sie die gleichen Vorgaben gelten wie für Registrierkassen im Handel: Sie müssen über eine Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen, die Manipulationen ausschließen soll. Taxi Times hatte über den Werdegang dieses Gesetzes und die technischen wie auch zeitlichen Probleme bei dessen Umsetzung ausführlich in der letzten Ausgabe berichtet. Das Gesetz wurde im Mai 2021 beschlossen und noch immer gibt es keine genaue Festlegung, wie diese TSE zu programmieren ist. Der Ball liegt jetzt beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das auf Basis der neuen Verordnung die technischen Richtlinien überarbeiten muss. Erst wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, können Firmen die technische Entwicklung bzw. Anpassung an die technischen Sicherheitseinrichtungen fertigstellen – was dann auch wiederum eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird. Klar ist mittlerweile jedoch, dass weder Taxameter-Hersteller noch taxispezifische Softwareanbieter eigene TSE entwickeln und zertifizieren müssen. Diese Aufgabe übernehmen externe Zulieferer, unter anderem die Bundesdruckerei mit dem ihr angeschlossenen Unternehmen D-Trust – im Taxigewerbe durchaus bekannt, weil man von dort bereits die TIM-Karten für das INSIKA-Verfahren bezieht. Jenes Verfahren übrigens, das mit dem neuen Gesetz ebenfalls die Rote Karte bekommen hat. Taxameter mit INSIKA werden spätestens 2026 nicht mehr anerkannt. »Künftig wird es keine neuen Taxameter mehr ohne TSE geben.« Jürgen Weberpals, Semitron TSE KOMMT ALS SD-KARTE ODER STICK Den Taxameterherstellern wird die Technische Sicherheitseinrichtung entweder als SD-Karte, als USB-Stick oder als Cloud-Lösung zur Verfügung gestellt. Sie haben dann zwei Möglichkeiten: Entweder sie bauen sie in den Taxameter ein oder sie integrieren sie in eine externe Box, die dann über einen Kabelsatz mit dem Taxameter verbunden ist. Da die TSE – ähnlich wie bei INSIKA – aber mit einem anderen Protokoll mit dem Taxameter kommuniziert, wäre bei einem Einbau der TSE in den Taxameter eine neue Betriebssoftware nötig. Je nach Taxametertyp sind dann auch noch bauliche Veränderungen nötig, wenn beispielsweise noch ein Slot für die SD-Karte integriert werden muss. Das alles macht es erforderlich, dass auch die Technisch-Physikalische Bundesanstalt (PTB) mit ins Boot geholt werden muss, da diese für Überprüfungen bei Messgeräten zuständig ist. Zudem müssten die Hersteller die Taxameter neu zulassen oder zumindest eine Revision von der Zulassung machen. Es ist damit zu rechnen, dass Taxameterhersteller die Kosten für diesen Aufwand ebenso in den Verkaufspreis einrechnen wie die Anschaffungskosten für die TSE. Taxiunternehmer müssen also künftig mehr Geld in die Anschaffung der Geräte investieren als bisher. Je nach Hersteller wird dies auch dann der Fall sein, wenn die oben angesprochene zweite Option angewendet wird, bei der die TSE in eine externe Box integriert wird. Bei diesen Lösungen können auch die bisherigen Taxameter weiterhin genutzt werden und müssen nicht in den Mülleimer wandern. Solche Boxen sind bei manchen Herstellern bereits jetzt im Einsatz, weil damit schon die jetzigen INSIKA-Lösungen realisiert wurden. Je nach Ausgestaltung sind darin weitere Funktionen enthalten, beispielsweise die manuelle Eingabe wichtiger Zusatzinformationen zur erfassten Fahrt oder auch die unmittelbare Übermittlung des Fahrtdatensatzes an ein Datencenter. Wie bei den Taxametern gilt auch hier: Wer in solchen Geräten bereits einen Slot für die SD-Karte eingebaut hat, muss an der Box selber keine Änderungen mehr vornehmen. Nötig wäre dann lediglich ein Software-Update, das eventuell sogar online möglich ist und somit den Weg zur Funkwerkstatt erspart. Was bedeutet all das aber nun konkret für die Taxiunternehmer? Taxi Times hat bei den zwei marktführenden Taxameterherstellern nachgefragt. Das Salzburger Unternehmen Hale will seine Entwicklung vorerst auf die Zusatzbox SEI-03M konzentrieren, „nicht zuletzt, da viele Tausend Taxiunternehmer bereits mit der SEI oder über Modem arbeiten“, bestätigt Hale-Produktmanagerin Barbara Stering. Die SEI signiert und sendet Fiskaldaten, aber auch detaillierte Betriebsdaten vollautomatisch per Modem an das firmeneigene oder an externe Datencenter. „Sie ist per HALE CAN an der gesicherten MID-Schnittstelle der Taxameter verbunden“, erläutert Frau Stering. „Die Verbindung ist fix im Fahrzeug installiert, kein vom Unternehmer absteckbares Kabel.“ Die Datenübertragung erfolgt dabei sofort nach Fahrtende. Über Display und Tastatur ermöglicht sie dem Fahrer auch Zusatzeingaben. Eine künftige Technische Signiereinrichtung kann in der SEI über eine SD-Karte integriert werden. Der Slot dafür ist bereits in FOTOS: freepik.com, Taxi Times, Cabman, Frogne, Hale, Taxitronic 14 4. QUARTAL 2021 TAXI

TAXAMETER der jetzigen Gerätegeneration vorhanden. „Es ist nur ein einfaches Software-Update an der SEI notwendig, für HALE- Datencenter-Kunden wollen wir dies auch per Online-Update verfügbar machen“, kündigt Frau Stering an. Eine in spätere Taxametergenerationen eingebaute SD-Kartenlösung schließt HALE nicht aus. EINKAUF ÜBER BUNDESDRUCKEREI Der griechische Hersteller Semitron, in Deutschland über die Heedfeld Taxameter GmbH vertreten, will die TSE als Bauteil einkaufen und dann direkt in seine künftigen Taxameter einbauen. Die Bundesdruckerei bzw. D-Trust habe an Semitron in Griechenland schon eine erste Entwickler-TSE zur Verfügung gestellt, berichtet Heedfeld-Geschäftsführer Jürgen Weberpals. „Somit wird es künftig also keine neuen Taxameter mehr ohne TSE geben.“ Da man selbst keine eigene TSE-Entwicklung- und Zertifizierung vornehmen müsse, werde der Taxameter lediglich um die eingekaufte TSE teurer. Für die Altgeräte wird Semitron eine externe Box in Zigarettenschachtelgröße entwickeln, die mit einem Datenkabel mit dem Taxameter verbunden ist. „Der Unternehmer muss also die Box kaufen und sich dann in der Funkwerkstatt das Kabel legen lassen“, beschreibt Weberpals die Vorgehensweise. Bisherige Taxameter können dadurch auch über den 1. Januar 2024 hinaus benutzt werden. Diese Box werden sich auch Nutzer des INSIKA-Verfahrens anschaffen müssen. Weberpals sieht »Es ist nur ein einfaches Software- Update an der SEI notwendig.« Barbara Stering, Hale keine Möglichkeit, die für INSIKA eingesetzte TIM-Box TSE-kompatibel umgestalten zu können. Jürgen Weberpals bedauert, dass ausgerechnet diejenigen, die damals auf INSIKA umgestiegen sind, jetzt abermals in eine Box investieren müssen. Andererseits wurde der Großteil der TIM-Boxen in den Jahren 2016/2017 angeschafft. Bei einem damaligen Preis von 500 Euro bei einer Nutzung über acht bis zehn Jahre sei eine jetzt nötige Neuinvestition „betriebswirtschaftlich nicht der Tod“. In Bezug auf den Zeitrahmen sind sowohl Stering als auch Weberpals skeptisch, denn anders als bei der Kassensicherungsverordnung für den Handel sind bei der TSE für Taxameter zwei Behörden involviert – das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). Je später die Überarbeitung der Richtlinien also erfolgt, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die Vorgabe bis zum Stichtag 1. Januar 2024 realisiert werden kann. jh TAXI 4. QUARTAL 2021 15

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