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Taxi Times DACH - 4. Quartal 2022

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EUROPÄISCHE TAXIMESSE

EUROPÄISCHE TAXIMESSE ETM Aussteller wie iCabbi gaben der Taximesse eine europäische Note. Herbert Metschke, der viele Jahre im internationalen Vertrieb von Taxitronic tätig war. Coronabedingt hatte er sich im Ruhestand noch nicht von seinen ausländischen Kollegen verabschieden können. Damit stand er am Stand von Taxitronic im Mittelpunkt. Bei den britischen Ausstellern fiel auf, dass sie kaum Deutsch sprechendes Personal an ihren Ständen hatten – für Unternehmen, die in Deutschland expandieren wollen, eine teure und etwas arrogante Fehleinschätzung. Wer am Stand der Uber-Tochter Autocab (Flottenmanagement) vorbeiging, wurde stets freundlich, aber auf Englisch angesprochen. Interessanterweise war auf dem Stand selbst kein einziges Uber-Logo zu sehen, was angesichts der starken Anbindung des IT-Unternehmens an die Plattform bemerkenswert ist. NEUE AUSSTELLER UND ALTE BEKANNTE CMAC, ein britisches Unternehmen, das unter anderem À-la-minute- Ersatztransporte mit Taxi, Kleinbus und Reisebus bei Flugausfällen in ganz Europa anbietet, war in Essen, um in Deutschland Unternehmen in diesen Bereichen anzuwerben. Bei jeder Annullierung eines Urlaubs- oder Linienfluges müssen europaweit sofort Taxis, Kleinbusse und Reisebusse bereitstehen, um die Reisenden samt Crew abzuholen und weiterzutransportieren. „Obwohl wir zum ersten Mal auf der Messe sind, war die Erfahrung ermutigend“, sagte Roger Jago, der für die internationale Strategie verantwortlich ist. Der „mehrsprachigste“ Stand war der von Taxi Butler, der weltweit Taxi-Bestellboxen für Hotels, Bars und Restaurants liefert und nun auch – als Messeneuheit – die Bestellung von Taxis vom Hotelzimmer aus über einen QR-Code ermöglicht. Der Niederländer Peter Moen rekrutierte sein mehrsprachiges Standteam unter anderem aus Ungarn und der Ukraine. Über den Andrang am Stand konnten sie sich nicht beklagen. Vertreten war auch die Tribus Group, ein niederländischer Kleinbushersteller, der für Behindertentransporte in seinem Heimatland (80 Prozent des Taxiumsatzes) „TriflexAIR“, einen intelligenten und flexiblen Boden mit Klappsitzen und Befestigungsmöglichkeiten für Rollstühle, konzipiert hat, damit verschiedene Personengruppen mit den Kleinbussen befördert werden können. Der Kleinbus kann jederzeit einfach angepasst werden. „Bei unseren Partnern in Deutschland, oft auch Busherstellern oder -händlern, vermarkten wir – statt Kleinbussen, die mit diesem Boden ausgestattet sind – oft nur den ,TriflexAIR‘-Boden“, sagte Bas Verboord, Marketing und Salesmanager Europa. Er demonstrierte mit seinen Kollegen zwei Tage lang unermüdlich die flexiblen Möglichkeiten des smarten Bodens. Ein weiterer traditioneller Besucher aus den Niederlanden war das IT-Unternehmen Cabman, das unter anderem Registrierungsund Buchungssysteme für das Taxi und die Taxibranche zeigte. Ebenfalls auf dem Cabman-Stand: die bekannten Barclay-Taxi- Dachleuchten, ebenfalls aus den Niederlanden. Eine weitere bemerkenswerte Neuheit war das Geocode-System von what3words Ltd. aus London. Da Standorte in Taxisoftware oft nicht genau angegeben sind (man denke an verschiedene Ein- und Ausgänge von Einkaufszentren oder Bahnhöfen), hat dieser britische Entwickler einen genauen Code für jeden drei Quadratmeter großen Abschnitt der Erdoberfläche, basierend auf drei verknüpften Wörtern aus dem Wörterbuch (mit oder ohne Werbung), entwickelt. So kann das Taxi immer genau an den richtigen Ort fahren. Insgesamt waren die Aussteller deutlich internationaler aufgestellt als die Besucher*innen. Von ihnen stammte nur schätzungsweise ein Viertel aus dem Ausland. Unter dem Strich war die diesjährige ETM somit weniger international als die früheren in Köln. wf Ruheständler Herbert Metschke (links) konnte sich im Nachhinein verabschieden. TAXI 4. QUARTAL 2022 21

INKLUSION INKLUSION FÜR ALLE – AUSSER FÜR KASSENPATIENTEN? Die Politik fordert Mobilität in Stadt und Land, die Sozialverbände in Deutschland haben sich das »Inklusionstaxi für alle« auf die Fahnen geschrieben. Damit das umgesetzt werden kann, müssen auch die Krankenkassen umdenken. Fahrten in sogenannten Inklusionstaxis bezeichnen die Beförderung von Menschen mit Handicap in dafür speziell ausgerüsteten Fahrzeugen. Dazu zählen neben den Fahrten im privaten Bereich, bei denen die gehandicapte Person selbst bezahlt, auch die Krankenfahrten, also jene Touren, bei denen die Krankenkasse des Versicherten die Kosten übernimmt, wenn sie mit einer korrekt ausgefüllten „Verordnung einer Krankenbeförderung 4“ in Auftrag gegeben wurde. In dieser Verordnung muss zusätzlich zum Kreuz bei Taxi/ Mietwagen auch noch „Rollstuhl/Tragestuhl/liegend“ angegeben sein, um die Beförderung für den gehandicapten Menschen möglich zu machen. Die Abrechnung solcher Fahrten nach den Bestimmungen des § 60 SGB V bedürfen eines Vertrages mit den Krankenkassen nach § 133 SGB V. ABSCHLÄGE SIND AN DER TAGESORDNUNG Agieren die Kassen bei den „normalen“ Krankenfahrten – also jenen Touren ohne Rollstuhl – schon unterhalb des Taxitarifs, sind die Abschläge bei Inklusionsfahrten um bis zu einem weiteren Euro je Kilometer an der Tagesordnung. Das ist nahezu grotesk, denn um das Merkmal „Rollstuhl/Tragestuhl/liegend“ zu erfüllen, sind umfangreiche Um- und Einbauten an einem speziell für diese Umbauten geeigneten Fahrzeug im fünfstelligen Bereich erforderlich. Zudem muss das Personal entsprechend vorbereitet sein, denn nicht jede(r) Fahrer*in ist geeignet, diese körperlich belastende Arbeit durchzuführen. Schließlich fällt bei einem Patienten mit Handicap, der z. B. in seinem Rollstuhl sitzend befördert werden muss, ein wesentlich höherer Zeitaufwand an - es erfordert mehr als nur „Rampe hoch und Klappe zu“. Nicht nur eine korrekte und sichere Verbringung in das speziell dafür ausgerüstete Fahrzeug ist erforderlich, es erfordert auch eine andere Fahrweise, eine Auswahl anderer Fahrwege und vieles mehr. Und selbst nach der Fahrt wird der Taxibzw. Mietwagenunternehmer mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Abrechnung belastet. Im Selbstverständnis der Krankenkassen sollen die Taxi- und Mietwagenbetriebe all diese Leistungen als kostenlosen Service erbringen. Anders als bei normalen Krankenfahrten, die meist auf Basis von allgemeingültigen Rahmenverträgen vergütet werden, schließen Krankenkassen bei Inklusionsbeförderungen gerne vorrangig Einzelverträge mit den Unternehmern ab. Diese wiederum müssen bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Tauglichkeit zur Rollibeförderung nachweisen, also ihre Investition in eine Umrüstung bereits getätigt haben – und sind dadurch auch dringend auf entsprechende Umsätze angewiesen. Das nutzen die Krankenkassen aus – mit der (nicht beweisbaren) Aussage „Das ist der übliche Vertrag“. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Im Moment bekommen Taxi- und Mietwagenunternehmer*innen von den Krankenkassen weniger Geld für Fahrten, die sie nur mit teurer Spezialausrüstung durchführen können und die eine qualifizierte Leistung verlangen, als für Fahrten, bei denen Nachtschwärmer oder Businesskunden befördert werden. WIESO SOLLTE DA JEMAND IN INKLUSIONSTAXIS INVESTIEREN WOLLEN? Wenn sich das ändern soll, muss das Taxi- und Mietwagengewerbe jetzt mit aller Deutlichkeit faire Inklusionsverträge von den Krankenkassen einfordern. Sie haben dabei durchaus eine gute Verhandlungsposition, denn die bereits vorhandene Logistik, die gut ausgerüsteten Fuhrparks und nicht zuletzt die vielen Betriebe mit jahrzehntelanger Erfahrung in diesen Bereichen sind die beste Basis zur Erfüllung dieser Forderungen. Das sollten auch die Politiker und die Sozialverbände erkennen und ihrerseits Druck auf die Krankenkassen ausüben. Damit das „Inklusionstaxi für alle“ auch wirklich für alle angeboten werden kann, auch für Kassenpatient*innen. gs GISELA SPITZLEI Gisela Spitzlei war von 1974 bis 2005 Taxiunternehmerin und steht seit 1980 dem Abrechnungszentrum Spitzlei vor. Gewerbepolitisch engagiert sie sich seit 1974 und ist seit den 1990er-Jahren im Fachausschuss Krankenfahrten des Bundesverbands BVTM, seit 1999 als dessen Vorsitzende. FOTOS: AdobeStock / ucius , Taxi Times 22 4. QUARTAL 2022 TAXI

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