TAXIZENTRALEN In Workshops konnte man sich an verschiedenen Thementischen untereinander und mit den FMS-Experten austauschen. forderungen der Zukunft. Weiss baute seinen Vortrag dazu stringent auf, indem er zunächst einmal den Status quo der Mobilität schilderte, von Städten berichtete, die im Verkehr und in den damit verbundenen Umweltproblemen ersticken und Studien zitierte, die eine drastische Zunahme des Individualverkehrs durch Uber & Co belegen – mit dem Fazit, dass die Politik dringenden Handlungsbedarf erkannt hat und im Rahmen ihrer Lösungen nun zwischen „Wildem Westen und Hypereffizienz“ entscheiden muss. TAXI = PARTNER DER POLITIK Für Weiss ist klar, dass die neuen Anbieter wie Didi, Lyft, Uber, Ola etc. diese Probleme nicht lösen können. Er sieht hier, dass das Taxi als eigentlicher Partner der Politik fungieren kann, sofern man sich als Teil des ÖPNV definiert bzw. politisch anerkannt wird. „Wenn man sich diese Entwicklung und all die Studien anschaut, müsste jetzt eigentlich die beste Zeit des Taxigewerbes kommen“, sagte Weiss. „In den über 30 Jahren, in denen ich dieses Geschäft mache, habe noch nie gesehen, dass Taxis so gebraucht werden wie aktuell.“ Doch trotz dieser Steilvorlage nimmt Weiss das Taxi als eine „sich nicht ändern wollende Branche“ wahr, welche die Zeichen der Zeit nicht erkenne und primär um ihre Existenz fürchte. Als hinderlich im bevorstehenden Wandel bezeichnet der FMS-Geschäftsführer, dass man Taxi als Einheitsprodukt zum Einheitspreis präsentiere und dass Kunden ihre Taxis ohne Preisangaben bestellen müssten. „Wo gibt es das sonst, dass man ein Produkt im Internet bestellt und den Preis erst erfährt, wenn die Rechnung im gelieferten Päckchen auftaucht?“, fragte Weiss. Als weiteren Mangel sieht Weiss, dass es zwar bei den Angeboten eine Vielzahl von Insellösungen gibt, aber keine intelligente Vernetzung untereinander stattfindet. Nicht zuletzt sei auch die fehlende Öffnung der Kanäle zu Mobilitätspartnerschaften ein großes Manko. Um also wirklich zu einem Problemlöser für ökologische Mobilität zu werden, benötigt die Taxibranche einen internen Gesinnungswandel. Dafür gebe es kein Patentrezept, aber ein Bündel an Maßnahmen, die alle unter dem Schlagwort „Digitalisierung“ getroffen werden und die oben beschrieben Mängel in Dienstleistungsangebote verwandeln – für Kunden, die googeln, bei Amazon und Ebay kaufen und deshalb ihre Mobilität auch bei Apple und Google Maps suchen. „Dort müssen sie uns finden, uns buchen und auch bezahlen können“, sagt Weiss. Solche digitalen Ketten funktionieren aber nur mit modernster Technik in den Taxis, weshalb Weiss an dieser Stelle eindringlich an die anwesenden Zentralenchefs appellierte, jetzt auf die entsprechende Technik umzusteigen, die man als Hersteller zur Verfügung stellen könne. Dass die Dringlichkeit gegeben ist, ist allen Beteiligten klar, doch in den Gesprächen während der Kaffeepausen wird schnell klar, dass es sich für die Zentralen nicht so einfach darstellt. Jedes »Die beste Zeit des Taxigewerbes.« Michael Weiss Vermittlungsfeature verursacht Kosten (Entwicklung, Lizenz, Wartung), die jede wirtschaftlich hart kalkulierende Zentrale an die angeschlossenen Teilnehmer weitergeben muss. Das erhöht die Kosten und verschlechtert deren Position im Wettbewerb mit anderen lokalen Taxizentralen oder mit den digitalen Anbietern. „Ein Teufelskreislauf“, fasst ein Teilnehmer das Dilemma am Rande des Kongresses zusammen. Spätestens an dieser Stelle kam nun wieder der rote Faden ins Spiel, dass man als Taxibranche und auch als örtliche Taxizentrale nur gemeinsam stark sein kann. In allererster Linie natürlich durch die eigene App taxi.eu, die man in Kürze unter dem Dach einer „Europa Taxi Aktiengesellschaft“ auf finanziell breitere Füße stellen will (siehe Seite 7), aber auch durch Partnerschaften mit anderen Mobilitätsanbietern und Vernetzungen mit deren System. Ein Züricher Kollege der 44er Zentrale präsentierte nicht ohne Stolz ein gemeinsam mit FMS entwickeltes Feature, das dem Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Preiskategorien ermöglicht. Neben dem Standardtaxitarif kann er auch einen Billigtarif wählen, mit dem er dann sogar günstiger als Uber fährt. Dabei hat nicht nur der Kunde die Wahl, sondern auch der Taxifahrer. Über die Fahrer-App kann er zu Schichtbeginn auswählen, ob er Aufträge aller Preiskategorien vermittelt bekommt oder nur bestimmter Kategorien. Diese Möglichkeit stehe nun auch den anderen Zentralen zur Verfügung, sagt 44er-Mitarbeiter Daniel Bienek. Für Zentralen in Deutschland oder auch Wien, wo man auf politischer Ebene für eine Beibehaltung der Tarifpflicht kämpft, mag das nicht interessant klingen. Und doch könnte es bei den Verhandlungen ein Ass im Ärmel sein, wenn man sich doch kompromissbereit zeigen muss. jh FOTOS: Taxi Times 10 DOPPELAUSGABE JUNI / JULI 2019 TAXI
RUBRIK www.taxi-times.taxi SPECIAL TAXIAKTIONSTAG »SCHEUERWEHR« PROTESTE MIT WIRKUNG FOTO: Name Name Hauptaktion in Berlin ÜBERFÜLLT UND HITZIG TAXI DOPPELAUSGABE JUNI / JULI 2019 Taxikorsos in vielen Städten ZAHLREICH UND LAUT 11 Kreative Mahnwachen RUHIG UND FANTASIEVOLL
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