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Taxi Times DACH - Doppelausgabe Juni / Juli 2019

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Eine solch starke und flächendeckende Taxi-Protestaktion hatte Deutschland noch nie erlebt. 10.000 Taxis fuhren am 10. April 2019 in Autocorsos hupend durch über 20 Städte, hielten Mahnwachen ab und riefen in Kundgebungen zur „Scheuerwehr“ auf. Taxi Times hat die Ereignisse dieses Tages nun in einer Spezialausgabe veröffentlicht.

POLITISCHE RESONANZ

POLITISCHE RESONANZ Janine Wissler Tarek Al-Wazir Tobias Eckert Jörg Michael Müller »EIN VÖLLIG FALSCHER SCHRITT« Die Taxiproteste werden innerhalb der Politik immer mehr zum Gesprächsthema. Bestes Beispiel dafür ist eine Aktuelle Stunde über das PBefG im Hessischen Landtag. Beantragt hatte die Gesprächsrunde Janine Wissler von der Partei Die Linke, die demzufolge auch als erste Rednerin vor die Mikrofone trat. Sie kritisierte die Eckpunkte des Bundesverkehrsministers: „Wenn die Rückkehrpflicht zum Betriebshof entfällt, bedeutet das noch mehr Verkehr, noch mehr Autos in der Stadt und noch mehr Schadstoffe. Ein solcher Angriff auf das Taxigewerbe muss uns alarmieren, denn Taxis sind ein KEIN VERSTÄNDNIS UND NULL AHNUNG Auch Parteivertreter der FDP und der AfD kamen bei der Aktuellen Stunde zu Wort. Oliver Stirböck als Vertreter der Liberalen sang die üblichen einseitigen Digital-Loblieder (Dienste wie Uber, Free now und andere verändern den Markt). Außerdem würde das Taxigewerbe doch gerade erst dadurch zum Opfer werden, indem man es weiterhin schütze. Während Stirböck wenigstens noch etwas zur Sache zu sagen hatte, entblößte sich der AfD-Politiker Arno Enners mit einer geradezu peinlichen Unwissenheit. Zum einen, weil er keine Unterscheidung zwischen einem angestellten Taxi- bzw. Mietwagenfahrer und einem selbstständigen Konzessionsinhaber machte, zum anderen, weil er allen Ernstes davon sprach, das Finanzamt würde bei Taxis einen Kilometerschnitt vorschreiben. Höhepunkt der Inkompetenz war schließlich die Behauptung, Mietwagen würden durch Umwege einen finanziellen Vorteil bei der Privatwagen-Besteuerung erzielen, der Taxis aufgrund der Tarifpflicht verwehrt werde. jh wichtiger Teil des ÖPNV und erfüllen eine Aufgabe für das Gemeinwesen. Dieses System zu unterlaufen, indem noch mehr private Konkurrenz zugelassen wird, ist ein völlig falscher Schritt“, sagte die Fraktionsvorsitzende der hessischen Linken. Prominentester Redner der Aktuellen Stunde war Wirtschaftsund Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. Er erkannte die unterschiedlichen Ebenen, auf denen innerhalb des Taxigewerbes aktuell protestiert wird. Zum einen sei da der Änderungsbedarf des PBefG. Dass dieser aufgrund der Herausforderungen durch die Digitalisierung unumgänglich ist, sei ein parteiübergreifender Konsens. Zum anderen und parallel dazu sei es ebenso wichtig, das jetzt geltende PBefG durchzusetzen. Al-Wazir warb für die neuen Perspektiven, stellte Scheuers Eckpunkte aber nur wenig infrage. Die Einhaltung geltender Gesetze sei Grundlage für eine sachliche Diskussion. GESETZ AN DIE WIRKLICHKEIT ANPASSEN? Al-Wazirs Parteikollegin Karin Müller, Landtags-Vizepräsidentin und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, forderte, das PBefG müsse per Novelle „an die Wirklichkeit“ angepasst werden, wobei ein fairer Wettbewerb gewährleistet und die Interessen des Taxigewerbes berücksichtigt werden müssen. Das jetzige PBefG fördere den Verkehrskollaps. Rosinenpickerei zum Nachteil des Taxigewerbes dürfe aber auch nicht stattfinden. Laut Tobias Eckert, dem stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden, müsse eine „Kannibalisierung des Marktes“ verhindert werden. Dazu zähle insbesondere die Unterscheidung zwischen Taxi und Mietwagen, weshalb die Aufhebung der Rückkehrpflicht entschieden abzulehnen sei. „Wir brauchen eine Neuregelung für die zukünftige Beförderung von Menschen, die fair, mit klaren, sozialen, qualitativen und ökologischen Standards geregelt sein muss.“ Uber wolle seine Dienste in ländlichen Regionen nicht anbieten. Von „zahlreichen Dienstanbietern“, nicht nur dem „großen Gespenst Uber“, sprach Jörg Michael Müller: „Ein Großteil dieser Anbieter – außerhalb von Uber“ agiere bereits in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Dass man zu bestimmten Zeiten auf dem Land schwer von A nach B komme, ist für den CDU-Abgeordneten kein Grund, das Taxigewerbe zu schützen, sondern den Markt für andere Anbieter zu entwickeln. ar FOTOS: Die Linke, HMWEVW – Oliver Rüther, Angelika Aschenbach, CDU, Hassischer Landtag – Kanzlei 42 DOPPELAUSGABE JUNI / JULI 2019 TAXI

POLITISCHE RESONANZ Andrea Nahles Harald Klix Karl Lauterbach Andreas Wagner LAUT GENUG BIS IN DIE PARTEISPITZEN »Scheuerwehr« war die Parole der Demo. Die Botschaft lautete, die Mobilität nicht ohne das Taxi zu planen. Die Statements aus der Politik zeigen, wo die Botschaft angekommen und verstanden worden ist. Unterstützung kam schon kurz nach der Abschlusskundgebung der Hauptdemo in Berlin von der damals noch SPD-Bundesvorsitzenden Andrea Nahles: „Heute demonstrierten Tausende Taxifahrer für den Erhalt ihres Gewerbes“, twitterte Nahles. „Das geht uns alle an, denn Taxis sind Teil der Daseinsvorsorge. Fahrdienste wie Uber legen mit Regelbeugung und Dumpingpreisen daran die Axt an. Diese Praxis gehört eingedämmt, nicht gefördert.“ Das Nachrichtenportal ntv.de zitiert SPD-Fraktionsvize Sören Bartol ebenfalls kritisch zur Abschaffung der Rückkehrpflicht: „Die SPD-Bundestagsfraktion wird dafür sorgen, dass durch die Modernisierung der gesetzlichen Spielregeln niemand aus der Kurve fliegt.“ Selbst Karl Lauterbach, eigentlich SPD-Gesundheitsexperte, twitterte am Abend zu einem Foto der Politiker Scheuer und Bär auf einer Games-Veranstaltung: „Doro Bär und Andy Scheuer amüsieren sich köstlich bei sinnfreier Games-Auszeichnung. Draußen streiken die Taxifahrer gegen Scheuers Gesetz für Uber-Ausbeutung für ihre Existenz. Derweil fabuliert Bär schon von Flugtaxis. Die CSU droht zur Spaßpartei (für sich) zu werden.“ mehr Politiker, gerade nach den Aktionen vom 10. April, sich auf unserer Seite positionieren, macht die Demos zu einem Erfolg, und dafür danke ich im Namen des Bundesverbandes jedem, der dabei war. Wir machen weiter. Als Nächstes werden wir viele Diskussionen, unter anderem mit Staatssekretären und Verkehrspolitikern, führen.“ ar, jh FOTOS: Janine Schmitz, Freie Wähler, Susie Knoll, Katja-Julia Fischer DIE LINKE IST SOLIDARISCH Auch von anderen Parteien kam Unterstützung: Andreas Wagner, Abgeordneter des Bundestags und Mitglied im Verkehrsausschuss (der in eine PBefG-Novellierung eng eingebunden ist), schrieb an Taxi Times bereits am Abend vor dem Aktionstag: „Die Bundestagsfraktion Die Linke steht beim bundesweiten Aktionstag fest an Ihrer Seite. Das Taxigewerbe ist unabdingbarer Teil des ÖPNV.“ Auch der Spitzenkandidat der Freien Wähler für die Europawahl, Harald Klix, will das Taxigewerbe vor neuen Fahrdienstmodellen schützen. Klix ist sicher, dass „insbesondere die Pläne zur Aufhebung der Rückkehrpflicht einen integralen Bestandteil des deutschen Mobilitätsmix gefährden würden“. Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen und Berliner Funkzentralenchef, äußerte sich entsprechend positiv über das Ergebnis des Aktionstags. „Nicht nur die Unterstützung durch 6.000 Taxis alleine in Berlin und viele Tausend weitere bundesweit war ein großes Zeichen. Dass immer HALE Datendienste 2.0 Unternehmensdaten fiskaltauglich aufbewahren? Pausen und Arbeitszeit dokumentieren? Professionelle Fahrerabrechnung? Wählen Sie Ihre passende Lösung aus den HALE Datendiensten! Verwalten Sie drei Generationen von HALE Taxametern und Wegstreckenzählern mit einer Software-Lösung. Die Zukunft im Taxi. HALE INSIKA® HALE Operations HALE Cey online HALE electronic GmbH A-5020 Salzburg | [email protected] www.fiskaltaxameter.expert | www.hale.at TAXI DOPPELAUSGABE JUNI / JULI 2019 43

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