Aufrufe
vor 5 Jahren

Taxi Times DACH - Februar 2018

  • Text
  • Februar
  • Fahrzeuge
  • Taxigewerbe
  • Taxis
  • Hamburg
  • Unternehmen
  • Moia
  • Pbefg
  • Uber
  • Unternehmer

WETTBEWERB In der

WETTBEWERB In der Talk-Runde sprachen (v. l. n. r.) Christoph Gipp, Orhan Tasbilek, Robert Henrich, Marc Troeder, Jens-Michael May und Dirk Ritter über die Zukunft des Taxigewerbes. ANPASSEN, VERNETZEN, ERFAHRUNGEN NUTZEN Eine weitere Digitalisierung, Zusammenarbeit und an den eigenen Stärken arbeiten – das sind Lösungen für die Zukunft. Sie müssen von den Verbänden koordiniert und organisiert und von Betrieben umgesetzt werden. Auf Einladung der Handelskammer Hamburg wurden im Januar die für das Taxigewerbe anstehenden Herausforderungen diskutiert. Veränderte Verbrauchergewohnheiten, neue Konkurrenten mit neuen Beförderungskonzepten, eine absehbare Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes und technologische Innovationen wie das Autonome Fahren sind die Herausforderungen. Der „Zukunftsworkshop“ gab dem Taxigewerbe die Gelegenheit, etwas über die Absichten von MOIA, der Hamburger Hochbahn AG und über die Einschätzungen der Hamburger Genehmigungsbehörde aus erster Hand zu erfahren sowie anschließend Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren. Soweit man überhaupt noch Handlungsmöglichkeiten habe, angesichts der riesig scheinenden Bedrohung, wie Moderator Marc Troeder (Handelskammer) einleitend formulierte. Mit den Verbrauchergewohnheiten eröffnete Christoph Gipp, Geschäftsführer des privatwirtschaftlichen Forschungs- und Beratungsinstituts IGES, die Talkrunde: „Wir wissen eigentlich fast nichts.“ Man habe keine Erfahrungswerte, auf die man zurückgreifen könne, um eine Voraussage zu treffen, inwieweit sich Fahrgäste überhaupt Robotertaxis und Autofahrer selbstfahrende Autos wünschen und sich ihnen anvertrauen würden. Gipp gab zwar zu, dass die Vielfalt der neuen Verkehrsanbieter durchaus vom Kunden gewünscht sei, aber gegenüber Robotertaxis blieb er skeptisch, denn ein großer Teil der Fahrten sei nicht von Robotern zu leisten. Er verwies hier auf Krankenfahrten und ältere Menschen. Er selber schätze, dass in einzelnen, „geschützten Bereichen“ in frühestens fünf Jahren Robotertaxis einsetzbar sind. NEUER MOBILITÄTSMIX Die Zurückhaltung gegenüber Fahrrobotern teilte auch Jens-Michael May, Stabsbereichsleiter Geschäftsfeldentwicklung und Unternehmensstrategie der Hamburger Hochbahn AG (HHA). Jedoch verwies er auf das schnelle Wachstum der Stadt Hamburg, das auch einen Anstieg der Fahrgastzahlen und einen Netzausbau mit sich bringe. Daraus entstehe für ihn die Notwendigkeit, „dem Kunden einen neuen Mobilitätsmix“ anzubieten. Ein Teil dieses Angebotes soll wohl die VW-Tochter MOIA leisten. Robert Henrich (Leiter des operativen Geschäftes bei MOIA) erläuterte die Expansionspläne des Konzerns. Zunächst sollten 200 neu entwickelte Fahrzeuge von den 1 000 in Hamburg beantragten Mietwagenkonzessionen (siehe Beitrag auf Seite 10) als Sammeltaxis eingesetzt werden. Diese elektrisch angetriebenen Fahrzeuge würden nach den speziellen Gesichtspunkten für den Einsatz als Sammeltaxis oder zum Car Sharing konzipiert. Autonome Fahrzeuge sollen später eingesetzt werden. Schließlich wurde er etwas ausweichend: Das Angebot sei nicht als Konkurrenz zum Taxi zu verstehen. „Taxis werde es immer geben“, versuchte er den Saal voller Angehöriger des Taxigewerbes zu beschwichtigen. Es sei zu früh, um von Konkurrenz zu reden. Man sei noch in der Lernphase. May sah in dem Angebot der MOIA keine Konkurrenzsituation für seinen Arbeitgeber HHA. Auch er hatte Balsam für das Publikum parat und lobte das Taxi als flexiblen Partner in Notlagen oder die Anruf-Sammel-Taxis, die dazu beitragen, dass die Busse besser ausgelastet würden. Taxiunternehmer Orhan Tasbilek stellte dann auch die zwangsläufige Frage, was denn das Taxigewerbe davon habe. Er wies darauf hin, dass das Taxigewerbe seine Offenheit für Innovationen bereits bewie- FOTOS: Taxi Times 8 FEBRUAR / MÄRZ / 2018 TAXI

WETTBEWERB Orhan Tasbilek moderierte eine der Arbeitsgruppen im Workshop. sen hätte. Das kleinteilige Taxigewerbe, in dem es um die Existenz vieler kleiner Unternehmen gehe, würde mehr Zeit zur Anpassung benötigen. Er räumte jedoch ein, dass es bei der Digitalisierung noch Nachholbedarf gäbe – eine Anspielung auf die vielen Taxis in Hamburg ohne Zentralen-Anschluss. Tasbilek und Gipp wiesen darauf hin, dass Taxi-Unternehmen der Zugang zu den Technologien wie autonomen Fahrzeugen oder Mobilitäts-Apps der ÖPNV-Anbieter ebenso ermöglicht werden muss – andernfalls drohe der Markt von einigen wenigen Anbietern beherrscht zu werden. Voraussetzung sei hierfür, so Gipp, dass alle Taxis auch „digital sichtbar“ wären, um für die vernetzten Systeme nutzbar zu sein. Das Taxigewerbe müsse sich darum bemühen, einen Zugang zu diesen multimodalen Apps zu erhalten. Marc Troeder gab den Staffelstab an Dirk Ritter (Verkehrsgewerbe-Aufsicht Hamburg) weiter. Auf was müsse sich das Taxigewerbe einstellen? Ritter empfahl dem Taxigewerbe, kreativer zu sein und sich um Kooperationen zum Beispiel mit dem Einzelhandel zu bemühen. Das Taxigewerbe sei der Profi vor Ort und solle seine Vernetzung und Erfahrung besser als bisher nutzen, denn schon bald könnte das Verbraucherverhalten durch das veränderte Angebot von „neuen Partnern, die Fakten schaffen“ würden, beeinflusst werden. PBEFG = VERBRAUCHERSCHUTZ Das PBefG sei in erster Linie für den Verbraucherschutz da und soll die vielfältigen Interessen von Verkehrsanbietern und Lobbyisten sowie den Fahrgästen platzieren. In der Zukunft die Interessen des Taxigewerbes wie bisher zu berücksichtigen, findet Ritter selber eher schwierig. Allerdings stehe der Verbraucherschutz zum Beispiel auch einer Preisfreigabe entgegen. Eine Prognose über die politischen Entscheidungen der künftigen Bundesregierung wagte auch Ritter nicht. In keinem Fall solle das Taxigewerbe eine Verweigerungshaltung bei einer Novellierung des PBefG einnehmen. Im Ergebnis wünschten sich die Teilnehmer aus dem Taxigewerbe eine bessere Zusammenarbeit mit der HHA und anderen großen Verkehrsanbietern wie zum Beispiel der Deutschen Bahn, um im „Mobilitätsmix“ mitzuspielen. Dafür müsse die Anzahl digital disponierbarer Wagen deutlich steigen und ihre Zusammenarbeit verbessert werden. Hinsichtlich der bedrohlich wirkenden Konkurrenz der Fahrroboter war die Mehrheit der Wortmeldungen skeptisch und setzte darauf, die Kernkompetenz des „betreuten Fahrens“ bei älteren, kranken und behinderten Menschen und Serviceleistungen auszubauen und besser zu verkaufen. Eine große Gefahr wurde jedoch darin ausgemacht, dass das Taxigewerbe in Zukunft von der neuen Technologie der autonomen Taxis ausgeschlossen werden könnte, denn es gäbe noch keine Betreibermodelle für Taxiunternehmen. prh

TaxiTimes D-A-CH