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Taxi Times DACH - März 2017

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ANTRIEB Auszug aus der

ANTRIEB Auszug aus der „Dokumentation der Bauteile und Steckverbinder im Signalweg“. Eine solche Offenlegung erfolgt bei Autos der großen deutschen Hersteller, die schon ab Werk mit einem Taxipaket ausgestattet sind, oder bei Autos von Importeuren, die eine Umrüster-Firma wie Intax damit beauftragt haben, ihre Fahrzeuge mit einem Taxipaket auszustatten. Die Intax-Mitarbeiter haben wochenlang viel Zeit und Geduld investiert, bis sie die notwendigen Auskünfte ihrer Auftraggeber in der Autoindustrie zusammenhatten. Autobauer verraten nicht gerne, was in der Hardund Software ihrer Erzeugnisse im Einzelnen passiert (siehe nebenstehenden Kasten). Was aber passiert bei all den Modellen ohne Taxipaket? Bei Exoten, Gebrauchten oder Elektrofahrzeugen? Sie alle können nicht mehr als Taxi zugelassen werden. Die Ausbreitung von Elektrofahrzeugen im Taxigewerbe wird dadurch enorm gehemmt. Ausgerechnet das technisch am ehesten als Taxi geeignete Elektro-Auto, der Tesla, lässt sich nicht eichfähig als Taxi ausrüsten, von anderen semigeeigneten Produkten ganz zu schweigen. Für eine Politik, die große Anstrengungen unternimmt, um die Elektromobilität zu fördern und zu verbreiten, ist das ausgesprochen blöd. Interessierte Kreise, wie der Bundesverband Elektromobilität, Taxiunternehmer, die gerne Tesla fahren »Für Autos muss man weiter schwarzsehen.« würden, und nicht zuletzt der Taxibundesverband BZP haben darauf hingewiesen. Als Presse und Medien das Thema aufgegriffen haben, sah sich die Politik veranlasst, den Missstand zu beheben, ohne ihr Ansinnen, die wasserdichte Eichbarkeit von Messgeräten, aufzugeben. Das Ganze erinnert an die Geschichte der Schildbürger, die einst ein neues Rathaus gebaut und vergessen hatten, es mit Fenstern zu versehen. Der Legende nach trugen sie dann das Licht in Säcken hinein. gebrauchte Der nun verfasste Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Mess- und Eichverordnung umfasst 15 Seiten und besteht aus Textbruchstücken, die in die eigentliche Verordnung eingefügt werden sollen, im Stile von: „In Absatz 1 Nummer 9 Buchstabe a werden nach dem Wort ,Ölfrüchten‘ die Wörter ,sowie von Holz‘ eingefügt.“ Somit versteht man ihn nur, wenn man die „Verordnung zur Neuregelung des gesetzlichen Messwesens und zur Anpassung an europäische Rechtsprechung“ danebenlegt, auf der die unsägliche Deklaration des Taxis als ein Mess gerät beruht. Die wiederum ist knapp 200 Seiten lang und besteht ihrerseits aus endlosen Verweisen auf Gesetze und Verordnungen aus mehreren Jahrzehnten. WIE IST ES DAZU GEKOMMEN, TAXIS PER EICH- RECHT ZUM MESSGERÄT ZU ERKLÄREN? Vermutlich aus Versehen. In der Mess- und Eichverordnung geht es vornehmlich um Waagen und Zähler für Gas, Wasser, Strom usw. – und gar nicht um Taxameter. In den vorgenannten Zählern ist es durchaus sinnvoll, die Nachvollziehbarkeit der Daten von ihrer Entstehung bis zur Ablesung zu verlangen. Die Eichbehörden kennen ihre Pappenheimer und wollen Manipulationen auf alle Fälle ausschließen. Welche Probleme das bei Taxametern aufwirft, die ja ihre Eingangsdaten nicht selbst erzeugen, wurde schlicht übersehen. DAS GROSSE MISSVERSTÄNDNIS Taxameter kommen darin nur ganz am Rande vor. Seitenlang wird aufgelistet, wie Messgeräte für alles Mögliche beschaffen sein müssen und was passieren muss, bis sie „in Verkehr gebracht“ werden dürfen. Irgendwo, versteckt in langen Listen, wird dann erwähnt, dass dies auch für Taxameter gelten soll. Über die negativen Konsequenzen für die Taxibranche hat keiner nachgedacht. Die dürften auch durch die nun angedachte zweite Verordnung nicht ausgeräumt sein, darüber sind sich Experten einig, die alltäglich mit der Materie befasst sind. Presseberichte, die den Eindruck erwecken, der Referentenentwurf würde die Zulassung gewisser Autos als Taxi wieder ermöglichen oder nur erleichtern, sind nicht richtig. Sie beruhen auf einem Missverständnis: Selbst nach dem derzeit gültigen Eichrecht kann prinzipiell jedes Auto als Taxi zugelassen werden, egal, ob es elektrisch, mit FOTOS: www.cem.es 22 MÄRZ / 2017 TAXI

ANTRIEB FOTO: Fotolia / d1sk Diesel oder Chanel No5 betrieben wird – wenn eine Konformitätserklärung vorgelegt wird. Das scheitert für viele Fahrzeuge deshalb, weil die Hersteller sich aus vielerlei Gründen weigern, das Wegstreckensignal offenzulegen. Am Eichrecht liegt das nur bedingt. Das Wegstreckensignal steuert unter anderem das Beschleunigungs- und Bremsverhalten. Beeinflussungen durch den Anschluss eines Adapters, der ein Steuersignal für das Taxameter abgreift, könnten fatale Folgen haben. Wer Daten aus dem Fahrzeugsystem entnimmt, kann dadurch die Daten im System verändern. Wenn dabei etwas schiefgeht, bremst die Bremse nicht mehr oder ein Fahrstabilitätsprogramm spinnt – fürchten die Hersteller. Über ältere Fahrzeuge liegen den Herstellern mitunter aktuell gar keine Informationen mehr vor, weil viele Komponenten von Zulieferern stammen. Oder der Hersteller existiert gar nicht mehr. Für gebrauchte Autos müsste man wohl weiter schwarzsehen. Der Referentenentwurf erklärt das Taxameter nur noch zum „Teilmessgerät“ im „Gesamtkunstwerk“ Taxi. Das könnte den Einrichter davon entlasten, die Konformität des „Gesamtkunstwerks“ bescheinigen zu lassen. Er brauchte nur noch den Kopf für seinen korrekten Einbau hinzuhalten. Für das Taxameter selbst läge schon eine Bauartzulassung des Taxameter-Herstellers vor. Allerdings müsste immer noch der Autohersteller, als Hersteller des restlichen „Messgeräts“, die Konformität seines Teils, also des Wegstreckensignals, bestätigen lassen. Gewonnen wäre gar nichts. Taxiunternehmer wären weiter vom guten Willen der Autohersteller abhängig. Wie das alles technisch umgesetzt werden soll? Man weiß es nicht. Im Referentenentwurf steht nichts darüber. Im Ländle Baden-Württemberg fahren übrigens ein paar Dutzend Mercedes-B-Klasse-Taxis mit Elektroantrieb. Daimler hat sich also die Mühe gemacht, ihre Konformität erklären zu lassen. Warum Tesla in seine teuren Autos nicht selbst einen Taxameter- Adapter, vermutlich ein Pfennigteil, einbaut, bleibt sein Geheimnis. Eine saubere Lösung für das Taxigewerbe wäre, wenn das Eichrecht das Taxi wieder Taxi sein ließe und den Messgeräte-Status auf das Taxameter beschränken würde. Den gesamten Datenweg nachvollziehen zu wollen, mag für ein Messgerät, das nur zum Messen da ist und in einem eigenen Gehäuse steckt, durchaus sinnvoll sein. Autos sind mitsamt ihren Datenwegen für andere Zwecke gebaut. Ein Auto zum (Teil-)Messgerät zu erklären, weil man ein paar Daten daraus für Messzwecke verwenden will, ist einfach nicht praktikabel und eigentlich auch Unfug. Der Taxibundesverband BZP argumentiert in diese Richtung schon seit Monaten auf allerlei politischen Ebenen. Noch ist der Referentenentwurf kein Gesetz. Er löst so, wie er vorliegt, keine Probleme, keine kleineren und große schon gar nicht. Wie es aussieht, macht er nur den Schildbürgerstreich „Taxi als Messgerät“ komplett. wh DAS TACHOSIGNAL IST HEIKEL Autobauer verraten nicht gerne, was in der Hard- und Software ihrer Erzeugnisse im Einzelnen passiert. Seit dem Diesel-Skandal darf man vermuten, warum das so ist. In den Fahrzeugcomputern stecken nicht immer nur Betriebsgeheimnisse, die die Konkurrenz abkupfern könnte, sondern auch Tatbestände, die bei Bekanntwerden strafrechtlicher Verfolgung unterliegen. Gerade das für Taxameter maßgebliche Tachosignal ist heikel. Die Tachos von Serienfahrzeugen gehen gemeinhin vor. Das bedeutet, sie zeigen eine höhere Geschwindigkeit, als wirklich gefahren wird. Daraus resultiert eine höhere Kilometerleistung als die wirklich gefahrene, und – nach Adam Riese – ein geringerer Spritverbrauch pro Kilometer, folglich ein geringerer Schadstoffausstoß. Wer hört die Nachtigall trapsen?

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