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Taxi Times DACH - September 2017

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GASTKOMMENTAR

GASTKOMMENTAR Totalschaden: Bei der fiktiven Berechnung des Wiederbeschaffungswerts wollte die Versicherung die Umrüstkosten nicht bezahlen. OHNE UMRÜSTUNG KEIN RECHTMÄSSIGES TAXI Muss die gegnerische Versicherung bei der Schadensbewertung die Umbaukosten zu einem Taxi bezahlen? Zu dieser Frage äußerte sich kürzlich der BGH. Wenn ein Schaden fiktiv auf Grundlage des Sachverständigengutachtens abgerechnet wird, heißt es vom Versicherer: „Die Kosten sind nicht angefallen.“ Den Geschädigten bleibt dann oft nur noch die Klage, wie in einem vom Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 23. Mai 2017 entschiedenen Verfahren (Az.: VI ZR 9/17), bei dem es um die Erstattung fiktiver Umrüstkosten bei einem Taxi ging. Das Taxi des Geschädigten erlitt im August 2013 einen Unfallschaden. Die Haftung des Unfallgegners war eindeutig und der Geschädigte machte die Kosten der Ersatzbeschaffung auf fiktiver Grundlage geltend. Das Sachverständigengutachten bezifferte die Reparaturkosten auf ca. 4 600 Euro, die der Ersatzbeschaffung auf 2 800 Euro - allerdings ohne Taxiausrüstung. Für die Umrüstung veranschlagte es nochmals ca. 1 800 Euro. Der Versicherer erstattete die Kosten der Ersatzbeschaffung, verweigerte aber die fiktiv abgerechneten Umrüstungskosten. Dem Geschädigten blieb keine andere Möglichkeit, als den Versicherer zu verklagen. Das Amtsgericht gab der Klage überwiegend statt, wies sie jedoch bezüglich der Umrüstkosten ab. Der Versicherer legte Berufung zum Landgericht ein, das weitere Positionen kürzte und die Anschlussberufung des Geschädigten zurückwies. FÜR TAXIS BESTEHT KEIN GEBRAUCHT- WAGENMARKT Zur Begründung hieß es, bei einem wirtschaftlichen Totalschaden beschränke sich der Ersatz auf den ermittelten Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert). Da kein Gebrauchtwagenmarkt für Taxis bestehe, sei eine Wiederherstellung des vorherigen Zustands unmöglich und der Wiederbeschaffungswert der geeignete Maßstab für die Entschädigung. Zudem würden Umrüstungskosten zu einer Entschädigung oberhalb von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes führen und seien daher nicht erstattungsfähig. Die Taxi-Eigenschaft des beschädigten Fahrzeugs sei im Wiederbeschaffungswert bereits berücksichtigt. „Die Umrüstungskosten sind [...] nach allge meiner Lebenserfahrung als abgeschrieben anzusehen.“ Der Geschädigte gab sich damit nicht zufrieden und ging in die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH stimmte dem Landgericht darin zu, dass bei einer fiktiven Ersatzbeschaffung nur die Wiederbeschaffungskosten zu ersetzen seien, führte aber aus, dass es dem Begriff des Wiederbeschaffungswertes eine falsche Bedeutung beigemessen habe. Für den BGH war entscheidend, dass das Ersatzfahrzeug auch ohne Weiteres wieder als Taxi einsetzbar sein müsse. Fehle es an einem entsprechenden Markt, sei der „höhere Preis, den der Geschädigte beim Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs aufwenden müsste“ – einschließlich der Umrüstungskosten – maßgeblich. Juristisch spricht man von „Naturalrestitution“. Schließlich geht es bei der Umrüstung um den „Einbau“ einer „durch Rechtsverordnung (BOKraft) vorgeschriebenen besonderen Ausrüstung“, ohne die ein Einsatz als Taxi nicht möglich wäre. Folglich heißt es: „Die Umrüstung macht die Naturalrestitution damit überhaupt erst möglich.“ Da das Landgericht weder die Erforderlichkeit der Umrüstungskosten noch Erwägungen zum Abzug „neu für alt“ in seine Entscheidung einbezogen hatte, war dem BGH eine abschließende Entscheidung verwehrt. Er verwies die Angelegenheit an das Landgericht zurück, das sich nun mit diesen Aspekten befassen muss. FAZIT: Dass Versicherer nach Schema F kürzen, ohne die Besonderheiten des Schadens zu berücksichtigen, ist bekannt. Die Folge ist, dass derjenige, der vollständig entschädigt werden will, seine Ansprüche oftmals mit anwaltlicher Unterstützung gerichtlich durchsetzen muss. Um nicht auf Ansprüche zu verzichten, empfiehlt sich die frühe Einschaltung eines Rechtsanwalts. Die Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt stehen Ihnen mit Rat und Erfahrung gerne zur Seite. Von Rechtsanwalt Dr. Wolf-Henning Hammer und Rechtsanwältin Anita Ciszewski, Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH, Dortmund, www.kanzlei-voigt.de. Die Kanzlei agiert mit mehreren Büros bundesweit über ganz Deutschland verteilt. FOTO: Taxi Times 32 SEPTEMBER / 2017 TAXI

GASTKOMMENTAR PLAUENER SPITZE – ODER WAS? In der Stadt der Spitzen herrscht Flaute – zumindest nachts, wenn zu wenig Taxis zur Verfügung stehen. Die Behörde drängt auf die Bereitstellungspflicht. Das reicht aber nicht. FOTOS: Fotolia / euthymia, Taxi Times Es wirkte wie ein „Schwarzer Peter“- Spiel, als die Medien vor einiger Zeit über den nächtlichen Taximangel und die teilweise damit verbundenen unzumutbaren Wartezeiten in Plauen berichteten und den Schuldigen dafür suchten. Solches ist offensichtlich nicht nur in der beschaulichen Vogtlandgemeinde Plauen, der heimlichen Hauptstadt der berühmten Spitzenstickereien, sondern auch anderswo in der Republik zu beobachten. Spätestens seit Einführung des Mindestlohns muss selbstverständlich jeder Taxiunternehmer seinen Fahrzeug- und Personaleinsatz an dem Kriterium der betriebswirtschaftlichen Plausibilität ausrichten – entsprechende Umsätze und Gewinne müssen zu erwarten und zu erzielen sein. Dies ist allerdings mancherorts während der Nachtzeit nahezu unmöglich, da schlicht weg die Nachfrage fehlt. Und Bereitstellungspflicht im Sinne des § 21 PBefG bedeutet nun mal gerade nicht einen Dienst an 365 Tagen und über 24 Stunden pro Tag. Und darin liegt die Krux: Zwischen dem, was der Kunde einerseits wie selbstverständlich erwartet, und dem, was ein Taxiunternehmen oder ein Zusammenschluss solcher Unterneh men tatsächlich leisten kann, besteht ein Unterschied. Dieser muss von allen, so weit wie möglich, im Interesse der Kunden und der Unternehmen beseitigt werden. Da hilft es wenig, wenn Genehmigungsbehörde und Unternehmer jeweils auf die Untätigkeit des anderen verweisen. „Ein Bock alleine stößt nicht“, sagt der Volksmund. Und statt übereinander sollte man miteinander reden und mal klarstellen, wer, was, wie tun kann. Die Behörde kann im Rahmen der durch § 47 PBefG verliehenen Befugnisse im Rahmen der Taxiordnung durch eine Definition der Bereitstellungs– und Betriebspflicht die Betriebszeiten festlegen. Sie könnte aber auch im Rahmen der Tarifordnung Anreize schaffen, Fahrten zur Nachtzeit attraktiver zu vergüten. Denkbar ist möglicherweise auch die Aufstellung eines Dienstplans, der aber nach dem Gesetzeswortlaut lediglich in „Sonderfällen“ in Betracht kommt, etwa wegen eines hohen Beförderungsaufkommens bei Großveranstaltungen. Die Taxiunternehmen sollten auf dieser Basis selbst prüfen, ob es Ihnen nicht möglich ist, mit solch behördlicher Hilfe eine Mindestversorgung herbeizuführen, was bei der Anzahl der vorhandenen Taxis sicherlich gelingen könnte. Denn wenn die Gemeinde zusätzlichen Bedarf für die Vergabe neuer Genehmigungen sieht, sind Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht / PBefG und fungiert als Unternehmensberater für die Ulmer Consulting UG in Kaiserslautern. wir schnell wieder bei der Diskussion, ob zu viele Konzessionen eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Gewerbes nach sich zieht. Also alle gemeinsam an den Tisch, das „Schwarze Peter“-Spiel beiseitelegen und Lösungen suchen, damit auch in Plauen oder anderswo nicht weiter über die Verlässlichkeit des Gewerbes diskutiert werden muss und die Ergänzungsfunktion des Taxigewerbes zum klassischen ÖPNV auch wahrgenommen wird. Diskussionen und „Schwarzer Peter“­ Spiele schaden dem Taxigewerbe und sind Wasser auf die Mühlen derjenigen, die ihr Heil in der Digitalisierung und Deregulierung suchen. au DIE TAXI TIMES APP DIE TAXIWELT IN IHRER HAND Mit der Taxi Times App haben Sie Zugriff auf alle Neuigkeiten aus der Taxiwelt. Wir versorgen Sie mit allem Wissenswerten und das topaktuell. Die Nachrichten sind in Deutsch, Englisch und Türkisch abrufbar. Die App gibt es zum kostenlosen Download für iOS und Android.

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