INTERVIEW vorgestellt, die zu diesem Zeitpunkt noch „One-Touch-Taxi“ hieß und später zu mytaxi wurde. Wann war das? 2009/2010. Wir haben nach deren Idee einer Kooperation gefragt und wie man die Taxizentralen einbinden solle. Sie meinten dann, man brauche keine Taxizentralen, weil man ja direkt an die Fahrer gehe. Wir gaben zu bedenken, dass genau das im Gewerbe nicht so gut ankommen würde, und haben vorgeschlagen, das technisch sehr interessante Modell mit unserem Ausschuss Taxizentralen und Technik zu beraten. Bei diesem Gespräch mit dem Ausschuss meinte Mewes dann: „Wir machen die Taxizentralen überflüssig.“ Und der Ausschuss, in dem natürlich auch Zentralenchefs saßen, war der Meinung: „Wir werden euch sicherlich nicht dabei helfen, uns überflüssig zu machen.“ Damit war das Thema dann erledigt? Nein, man hat Külper und Mewes vorgeschlagen, gemeinsam einen Weg zu finden, dass die Technik genutzt wird, aber die Bestellungen nicht direkt an den Fahrer, sondern in das Vermittlungssystem der Taxizentralen gehen. Das wollten sie aber nicht. Somit waren die zu Beginn noch freundschaftlich geführten Gespräche beendet. Die von mytaxi immer wieder erzählte Geschichte, wir hätten die Lösung aus Technikfeindlichkeit abgelehnt, ist also hanebüchen. Befand sich die Taxibranche zu diesem Zeitpunkt auch schon in der technischen Entwicklung einer App? Die cab4me-App gab es schon vor One-Touch. Insofern ist auch die Aussage, sie hätten die erste Taxi-App gehabt, falsch. Ihr Abschied erfolgt am 5. November während der Herbsttagung des Bundesverbands in Koblenz. Die Ernennung 1990 war auch in Koblenz. Grätz kommt in Koblenz, Grätz geht in Koblenz. »Mein erster Arbeitstag vor knapp 30 Jahren war ziemlich chaotisch.« Wer wird Ihr Nachfolger? Vorgesehen ist Michael Oppermann. Das Prozedere wird sein, dass unser Präsidium ihn als Kandidaten vorschlägt und er dann von der Mitgliederversammlung bestätigt werden muss. Die Arbeit, die Herr Oppermann hier seit einem Jahr leistet, hat mich persönlich überzeugt – und hoffentlich auch die Mitglieder. Was werden Sie künftig machen? Ich werde meine schriftstellerische Tätigkeit als Autor des PBefG-Kommentars und des Fachbuches zur Vorbereitung auf die Fachkunde für Taxis und Mietwagen fortführen und intensivieren sowie – falls das jemand will – beratend zur Verfügung stehen. Wenn Sie an Ihrem letzten Arbeitstag drei Wünsche für das Taxigewerbe frei hätten … … dann würde ich ihm wünschen, dass es so ähnlich auch in 50 Jahren noch existiert. Ich sage deswegen „ähnlich“, weil es sich durch die Digitalisierung und das autonome Fahren sicherlich verändern wird. Es wird aber weiterhin Taxis geben, nur werden deren Fahrer mehr betreuende Funktionen haben. Zweitens: Es gibt sehr viele Taxiunternehmen und -fahrer, die eine ausgezeichnete Dienstleistung ausüben, es gibt aber auch ein paar, die es nicht tun. Es wäre gut, wenn es gelänge, die auszusieben, denn die verschlechtern das Image des Taxigewerbes und haben deshalb im Taxigewerbe nichts zu suchen. Außerdem wünsche ich dem Gewerbe mehr Mut. Viele setzen auf Protektionismus. Das wird auf Dauer nicht halten. Wenn ich heute lesen muss, dass ein Linienverkehrsbetrieb mit der Stadt einen neuen On-Demand-Dienst starten will und die Taxizentrale als möglicher Partner kein Interesse bekundet, dann ist das ein Hammer. Das darf nicht sein. Es muss über den Tellerrand geschaut werden und das Taxigewerbe muss sich dem Wettbewerb anpassen. Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft. jh FOTO: Taxi Times DIE ZUKUNFT IST DIGITAL MIT EUROPAS NUMMER 1 www.fms.at DBG X800 DBG A8 DBG Xcover4
ZUKUNFTSKONGRESS Christian Meyer von der Telekom und sein Appell an die Taxibranche: „… die ,Abers‘ einfach mal weglassen.“ DIE ZUKUNFT OHNE EIN »ABER« DENKEN Der Zukunftskongress »Taxi Driving Innovation« bewies eindrucksvoll, dass die wichtige Rolle des Taxis bei der Verkehrswende in der Politik, der Industrie und der Gesellschaft mittlerweile wahrgenommen wird. FOTO: Taxi Times Ende September hatte der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. unter der Bezeichnung „Fernlicht“ ein Kongressformat ins Leben gerufen, bei dem künftig Taxithemen mit Weitblick vorgetragen und diskutiert werden sollen. Die Startveranstaltung fand Ende September in Berlin unter dem Motto „Taxi Driving Innovation“ statt und beschäftigte sich in vier unterschiedlichen Themenpanels mit der Digitalisierung als Chance, mit der Zukunft auf der Straße, der Versorgung im ländlichen Bereich und last, but not least mit dem Zwischenstand und den Plänen zur PBefG-Novelle. Es war nicht der erste Kongress des Bundesverbands, aber es war die erste Veranstaltung, bei der man die erschienenen Vertreter der Industrie und der Politik nicht mehr davon überzeugen musste, DASS die Taxibranche ein unverzichtbarer Bestandteil der künftigen Mobilitätsversorgung ist, sondern bereits darüber diskutieren konnte, WIE eine Verkehrswende zusammen mit dem Taxi funktioniert. Dabei sollten die Teilnehmer und rund 160 Zuhörer, die meisten davon aus der bundesweiten Taxibranche, „in die Zukunft blicken und für einen Tag einmal die ,Abers‘ weglassen“, wie es Christian Meyer von der Telekom in seinem Eröffnungsstatement formulierte. Die Digitalisierung, bei der die Telekom die Branche mit ihren Produkten (auch weiterhin) begleiten will, kann als Chance genutzt werden. Das machten im gleichnamigen Themenpanel drei hochkarätige Sprecher deutlich: Tom Kirschbaum, CEO von door2door, entwickelt Software für On- Demand-Verkehre, die hauptsächlich bei den Betreibern von öffentlichen Verkehrsbetreibern zum Einsatz kommt, die aber nach und nach auch das Taxigewerbe in diese Verkehre integriert. TAXI IST VIEL BESSER Alexander Sixt, Vorstand von Sixt SE, einem weltweit führenden Autovermieter, erläuterte seine Beweggründe, warum man bei der eigenen Mobilitätsapp Taxis anbietet und dabei in Deutschland, Niederlande und Schweiz ausschließlich mit den Taxizentralen zusammenarbeitet: Man wolle kein paralleles Netzwerk aufbauen, sondern überall mit den besten Partnern arbeiten. Das sei in Deutschland das Taxigewerbe, während man in den USA mit Lyft kooperiere, weil dort das Taxigewerbe weder die qualitativen noch die technischen Voraussetzungen für eine solche Partnerschaft mitgebracht habe. „Das Produkt Taxi ist so viel besser, als es sich die eigene Branche vorstellt“, appellierte Alexander Sixt an das Selbstbewusstsein der Taxibranche. Vor allen Dingen international genieße man einen außerordentlichen Ruf. 60 Prozent der App- Kunden kommen laut Sixt aus dem Ausland, davon 70 Prozent aus Europa. „Die kennen nicht die Nummer der örtlichen Taxizentrale. Somit führen wir dem Taxigewerbe also Kunden zu, ohne ihnen mittel- und langfristig Konkurrenz machen zu wollen“, verspricht der Sixt-Vorstand. Das freute vor allem Hermann Waldner, den Vizepräsidenten des Bundesverbands Taxi, Chef von Taxi Berlin und Gründer der App taxi.eu, der als dritter Gast die digitalen Chancen aus Sicht des Taxigewerbes darstellte. Es tue gut, so Waldner, dass beide Vorredner solch positiven Töne angeschlagen hätten. Allzu oft müsse man sich bei Veranstaltungen Schmähkritik gefallen lassen und dass man ja von gestern sei. Dass genau das nicht stimme, machte Waldner in seinem Vortrag deutlich. Die drei echten Taxi-Apps taxi.eu, Taxi Deutschland und cab4me seien durch eine Schnittstelle miteinander verknüpft, sodass der Kunde jederzeit und überall über eine der Apps ein Taxi in Deutschland und auch in wichtigen europäischen Metropolen bestellen könne. Sämtliche Payment-Lösungen seien dort ebenso integriert wie auch die Bestellmöglichkeiten über künstliche Intelligenz (Beispiel Amazon Echo, „Alexa“). u TAXI SEPTEMBER / OKTOBER / 2019 9
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