MOBILITÄTS-SERVICE MOBILITÄTS-SERVICE FAKTEN ZU FLEXTUR Das Flextur-Konzept wurde im Jahr 2012 durch einen der sechs öffentlichen Verkehrsbetreiber in Dänemark, Nordjyllands Trafikselskab, entwickelt. Etwa 60 Prozent der Flextur-Fahrgäste sind zwischen 60 und 99 Jahre alt. In den ländlichen Gebieten Dänemarks bietet Flextur (steht für „eine flexible und kostengünstige Fahrt“) eine Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln. DAS SUBVENTIONIERTE TAXI In Dänemark bietet das Konzept Flextur den Bürgern ein Zusammenspiel zwischen Bus und Taxi. Auch mobilitäts eingeschränkte Personen sind darin integriert. Doch der Dienst ist umstritten. In den ländlichen Gebieten Dänemarks werden immer mehr planmäßige Busstrecken stillgelegt. Für viele ältere Bürger ist dies ein schmerzlicher Verlust. In einigen Gemeinden organisieren Freiwillige private Fahrgemeinschaften. In anderen bietet die Gemeinde alternative öffentliche Verkehrsmittel. Eines dieser weit verbreiteten neuen öffentlichen Verkehrsmittel ist Flextur, kurz für „eine flexible (und kostengünstige) Fahrt“. „SOCIAL TRANSPORTATION“ IN DEN SKANDINAVISCHEN LÄNDERN Öffentlicher Transport für diejenigen, die ihn am meisten brauchen (ambulante Patienten, Schulkinder, Ältere und Menschen mit eingeschränkter Mobilität), ist einer der Eckpfeiler im nordischen Sozialsystem. In Dänemark verwalten sechs unabhängige regionale Verkehrsbetreiber den gesamten öffentlichen Transport. In Zusammenarbeit mit Regionen und Gemeinden sind sie für den zusammenhängenden öffentlichen Transport sämtlicher Bürger verantwortlich. Alle Aufträge für die Social-Transportation-Fahrten von Patienten, Bürgern und Schulkindern laufen in einer von den sechs Verkehrsbetrieben gemeinsam geführten Operations- „Flextur ist keine gewöhnliche Busfahrt“, sagt Niels Tvilling Larsen, Planungsleiter bei FlexDanmark, dem Organisatoren des Großteils des öffentlichen Personenverkehrs in Dänemark. Die Kunden werden zu einer von ihnen gewählten Zeit an der Haustür oder wo auch immer abgeholt und wieder nach Hause gefahren. Es gibt keine Fahrpläne. Lokale Taxis und Fahrzeuge für Menschen mit eingeschränkter Mobilität fahren für Flextur. Es ist kein gewöhn- zentrale (FlexDanmark) zusammen. Über eine landesweite Telefonzentrale koordinieren 120 Mitarbeiter von Flex- Danmark Bestellungen, die Verkehrsplanung sowie die Fahrtenvermittlung (Flextrafik). Flextrafik-Fahrten werden auf der Grundlage der geografischen Angaben von Start und Ziel, der Beförderungsart, auf die die Nutzer ein Anrecht haben, und der Betriebskosten für die Fahrzeuge koordiniert. Von den sechs Verkehrsbetreibern beauftragte Fahrer und Taxiunternehmen führen die Fahrten aus. Ähnliche Organisationen und betriebliche Einrichtungen finden sich überall im Norden. Färdtjänst in Schweden, NISSY in Norwegen und KELA in Finnland. licher Taxiservice, weil die Kunden häufig ge meinsam mit anderen unterwegs sind, die in dieselbe Richtung fahren. Deshalb müssen die Fahrgäste womöglich auch Umwege in Kauf nehmen. Aber alle bezahlen nur für die vorher berechnete Entfernung zwischen dem Ort, an dem sie abgeholt wurden, und dem Zielort. Flextur steht täglich zwischen 6 Uhr und Mitternacht zur Verfügung, und Fahrten müssen mindestens zwei Stunden im Voraus bestellt werden. SORGEN UM DIE WIRTSCHAFT LICHE EFFEKTIVITÄT Als Flextur im Jahr 2012 ins Leben gerufen wurde, war die Euphorie noch groß. „Der Gemeinde entstehen nur Kosten, wenn auch tatsächlich Fahrten bestellt und ausgeführt werden“, sagte damals die Beraterin Gitte Willumsen, Vorsitzende des Ausschusses für ältere Menschen und Ge - sundheitswesen in der Gemeinde Silkeborg. „Bei einer einzigen Flextur-Fahrt werden vielleicht ein Krankenhauspatient aus der Umgebung, ein Einheimischer mit eingeschränkter Mobilität und ein Bürger auf einem Ausflug gemeinsam transportiert.“ Heute sieht man das Konzept skeptischer: Nationalpolitiker machen sich erste Sorgen über die wirtschaftliche Effektivität. Die Gemeinden haben in ihrem Wunsch nach alternativen und günstigeren öffentlichen Verkehrsmitteln möglicherweise ein Monster geschaffen, das sich als kontraproduktiv erweisen könnte. Kritische Stimmen befürchten, die Zahlungen FOTOS: Thomas Brinch für Flextur-Fahrten könnten die durch die Kürzungen der regulären Buslinien er - zielten Einsparungen wieder auffressen, wenn dieser Transport von Tür zu Tür allzu beliebt wird. UNLAUTERER WETTBEWERB Taxibetriebe argwöhnen mittlerweile, dass Flextur einen ungleichen Wettbewerb fördert. Grund: In Dänemark können Eigentümer von Kleinbussen oder Minivans eine besondere Genehmigung für das Anbieten von öffentlichen Transportaufträgen beantragen. In den Augen der Taxi branche haben die Behörden dadurch zu lasten der Taxibranche ein Angebot an billigen Fahrzeugen geschaffen. Carsten Aarestrup, CEO bei 4x48 TaxiNord , dem zweitgrößten Taxi betrei ber in Dänemark mit ca. 1 200 Fahrern und 650 Fahrzeugen, kritisiert: „Wenn Hinz und Kunz mit Minivans öffentlichen Personenverkehr anbieten dürfen, werden Taxiunternehmen ganz wesentlich aus dem Markt der öffentlichen Auftragsvergabe gedrängt. Natürlich verursachen wir mit allen Flextur-Fahrten, die uns zugeteilt werden, die höchsten Kosten. Deshalb stehen wir bei der Vergabe von Flextur- Fahrten immer an letzter Stelle, was bedeutet, dass wir nur die Fahrten spät am Abend oder in die entlegensten Gebiete bekommen. Aber unsere Betriebskosten müssen ja auch höher sein: Wir betreiben einen modernen Betrieb, sind rund um die Uhr besetzt und erfüllen unsere Verpflichtung, Taxifahrten an sieben Tagen in der Woche und 24 Stunden am Tag anzubieten.“ Erschwerend kommt hinzu, dass in den Ländern im Norden regierungs eigene und regierungs betriebene Vermittlungszentralen für die Fahrtenkoordinierung zuständig sind. Die Taxibranche könnte eine bessere Koordination und Abfertigung zu niedrigeren Investitionskosten anbieten. Taxibetriebe in Skandinavien haben lang- Carsten Aarestrup, CEO bei 4x48 TaxiNord: „Taxi unternehmen werden aus dem Markt der öffentlichen Auftragsvergabe gedrängt.“ jährige Erfahrungen in der Verkehrsplanung und der Echtzeit-Vermittlung. Sie greifen auf die fortschrittlichsten IT- Systeme zurück, die sie seit Jahrzehnten aufgrund ihrer praktischen Erfahrungen sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich kontinuierlich spezialisiert und optimiert haben. Eine kürzlich erschienene Studie der unabhängigen Beratungsfirma COWI, die vom Staat oder den Kommunen bezahlte Fahrten (ambulante Patientenfahrten, Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Schulkinder) in fünf angrenzenden Gemeinden rund um Kopenhagen analysierte, errechnete ein Einsparpotenzial von bis zu 20 Prozent der tatsächlichen Transportkosten. EIN TAXI-TOOL KÖNNTE ES BESSER Für die Studie wurde ein Verkehrsplanungs- Tool verwendet, das von der Finn Frogne A/S, dem dänischen Hersteller von ITS- Lösungen, entwickelt wurde. Das Tool wurde für die Taxibranche entwickelt und wird von den meisten der großen Taxiunternehmen in Skandinavien eingesetzt. Simulationen tatsächlich durchgeführter Fahrten (17 000 Fahrten in einem Zeitraum von zwei Wochen) zeigten Verbesserungen aufgrund der effizienteren Koordination überregionaler Fahrten und der Beförde- So funktioniert Flextur: › Transport von Tür zu Tür › täglich zwischen 6:00 Uhr und Mitternacht › Fahrten müssen mindestens 2 Stunden vor Abfahrt beauftragt werden › Kunden wird bei Beauftragung die genaue Abholzeit mitgeteilt. Karenzzeit: bis zu 15 Minuten früher und höchstens 45 Minuten später › Der Preis beträgt DKR 7,00 (1 Euro) pro Kilometer, dies ist etwa die Hälfte des Preises für ein normales Taxi › Sammeltransporte sind möglich, dadurch können kleine Umwege entstehen. Kunden zahlen jedoch nur für die bestellte Entfernung › Es wird nur Barzahlung akzeptiert, keine EC- oder Kreditkarten. Der Fahrpreis ist zu Beginn der Fahrt zu entrichten rung mehrerer Patienten. Die sinnvolle Fahrzeugzusammenstellung (Minivan, Taxi, Kleinbus, Limousine, Kombi) in Kombination mit einer gut durchdachten Fahrtenplanung brachte weniger Leerlauf, dafür aber hohe Treibstoff- und CO2-Einsparungen und schließlich auch noch Verbesserungen bei der Spontan-Vermittlung. Das Letztere ist ja die Spezialität der Taxibranche. Schon Shakespeare schrieb in seinem berühmten Stück „Hamlet“ davon, dass im Staate Dänemark etwas faul sei. Das Flextur- Konzept lässt Ähnliches vermuten. tbr Anz-Mazura_07-2015.qxp_Anzeige 90x40 23.07.15 11:08 Seite 1 Fahrzeugtechnik Mazura aus Thüringen Taxiumbauten für professionelle Behindertenbeförderung • Rollstuhltaxi • Rollstuhlverladung • Rollstuhllifte • Rollstuhlrampen und vieles mehr zum qualifizierten Behindertentransport St. Gangloffer Straße 14 07586 Kraftsdorf Telefon 036606 84370 auto-mazura@t-online.de www.auto-mazura.de 14 TAXI AUGUST / 2015 15
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