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Taxi Times Special 2016 - Europäische Taximesse

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GEWERBEPOLITIK

GEWERBEPOLITIK GEWERBEPOLITIK IN KÖLN PRALLEN WELTEN AUFEINANDER Zwei Jahre sind seit der letzten Taximesse in Köln vergangen. Seitdem ist im Kölner Taxigewerbe viel passiert. Ein Wandel zwischen Tradition und Moderne. Das Taxigewerbe ist wie im Sport der Schiedsrichter. Je weniger man über ihn spricht, desto besser war seine Arbeit. Unauffällig und kritiklos. In Köln geriet die Taxibranche immer wieder in die Schlagzeilen, nicht nur fachintern, sondern auch in den Tageszeitungen. Zum Beispiel, als die Deutsche Bahn ihren großen Taxihalteplatz vor dem Hauptbahnhof exklusiv an mytaxi vermieten wollte. Da regte sich Widerstand unter den Taxifahrern. Die Taxi-Ruf-Köln-Genossenschaft machte Druck dagegen – und gewann. Das bundesweite Taxigewerbe verfolgte die Sache aufmerksam. Wenn die Bahn damit durchgekommen wäre, hätte man in allen Städten damit rechnen müssen, dass sie ihre Bahnhofsvorplätze überall an den Meistbietenden verhökert. Ein ganz schlechtes Licht fällt hier auf mytaxi. Welcher Taxivermittler, der sich dem Taxigewerbe verbunden fühlt, würde sich, wie in diesem Fall, zum Schaden des gesamten deutschen Taxigewerbes einen Vorteil verschaffen wollen? Auch die 50-Prozent-Rabatt-Aktion von mytaxi ist durch eine Klage der Taxi Ruf Köln e. G. erfolgreich untersagt worden. Leider erst, als diese Aktion längst abgeschlossen war. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Freunde werden die Genossenschaft und mytaxi wohl nicht mehr werden. »Wir brauchen höchste Qualität bei Fahrzeugen und Personal.« Alexander Tritschkow, Geschäftsführer von taxi17 Taxi Ruf Köln: Eine „alte“ Genossenschaft stellt sich den digitalen Herausforderungen. Hier prallen Welten aufeinander. Auf der einen Seite die jung-dynamischen Computergeschäftemacher, die mit ihren vermeintlichen Geschäftsideen am liebsten gleich die ganze Gesellschaft zu ihrem persönlichen Nutzen umpflügen wollen, und auf der anderen Seite die Verfechter der gegenteiligen Idee einer Genossenschaft. Sie wollen durch gemeinschaftliches wirtschaftliches Handeln zum allgemeinen Nutzen der kapitalistischen Geschäftemacherei ein Schnippchen schlagen. Es geht ihnen weniger um den eigenen Profit als um die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen. Die Genossenschaftsidee ist alt. Erste Genossenschaften wurden schon im Mittelalter gebildet. Richtig modern wurden sie im 19. und 20. Jahrhundert immer dann, wenn die Wirtschaft durch Krisen erschüttert wurde. Allerdings wurde diese Form von Gemeinwirtschaft durch Verfehlungen Einzelner schon schwer in Misskredit gebracht. Ich erinnere an die Skandale um coop und die Neue Heimat. Wie kann nun ein so altertümliches Gebilde wie die Genossenschaft Taxi Ruf Köln im modernen Wirtschaftsleben bestehen? Immerhin wird sie im kommenden Jahr schon 80 Jahre alt. Es gibt in Köln eine Gruppierung, die hat diese Frage vor zwei Jahren mit einem klaren „Gar nicht“ beantwortet und ihre eigene KTV Kölner Taxi Vermittlung GmbH & Co. KG mit der Marke taxi17 aufgemacht. Dazu später mehr. Aus einer reinen Einkaufsgenossenschaft für Treibstoff hat sich eine der größten Taxizentralen in Deutschland entwickelt. 1937 gründeten mehrere Unternehmer die Taxi Ruf Köln eG. Heute vertritt die Genossenschaft 800 Unternehmer mit FOTOS: Wilfried Hochfeld / Taxi Times ca. 1 100 Taxis und etwa 3 000 Fahrern und damit fast das gesamte Kölner Taxigewerbe. Pro Jahr werden über die Zentrale zwei Millionen Fahraufträge vermittelt. Auch gewerbepolitisch ist die eG in Köln die Nummer eins. Formell wäre die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e. V. mit Sitz in Monheim auch für Köln zuständig, aber der Taxi Ruf ist dort gar nicht mehr Mitglied. Der Vertrag mit den Krankenkassen, den die Monheimer für die ganze Region abgeschlossen hatten, machte die Mitgliedschaft sinnvoll. Seit der Taxi Ruf Köln einen eigenen Vertrag mit den Kassen abgeschlossen hat, ist das nicht mehr so. Immer wenn schwerwiegende Entscheidungen anstehen, die mit kostenträchtigen Anschaffungen verbunden sind, tun sich Genossenschaften schwer, besonders wenn sie groß und alt sind wie die Kölner. Trotzdem und mit neuem Führungspersonal ist es der Taxi Ruf Köln eG 2014 gelungen, vom „dampfbetriebenen“ Betriebsfunk auf modernen Datenfunk umzusteigen. Auch die App-Vermittlung mit taxi.eu und Handy bezahlung sind seitdem möglich. Im selben Jahr haben zwei große Taxiunternehmer und ein Teil des Aufsichtsrats die Geduld verloren mit ihrer Genossenschaft. Die Entscheidungen fielen ihnen zu langsam und nicht weitreichend genug aus. Man machte sich mit der Konkurrenzvermittlung taxi17 selbstständig. Dort werden seitdem knapp hundert Taxis, die 16 Unternehmern gehören, ebenfalls mit modernem Datenfunk vermittelt. Man wirbt mit hervorragender Qualität um Kundschaft. Nur die Mercedes E-Klasse, nicht älter als vier Jahre, ist als Taxi zugelassen. So etwas ist mit einer großen Genossenschaft nicht zu machen. Anders als mit höchster Qualität bei Fahrzeugen und Personal könne ein Taxibetrieb in Zeiten von Mindestlohn und wachsender Konkurrenz durch neue Anbieter nicht überleben, findet Alexander Tritschkow, der Geschäftsführer von taxi17. Um seine Taxis besser auszulasten, sind alle zusätzlich mit der mytaxi-App ausgestattet. Dafür wird taxi17 von der Genossenschaft und der Mehrheit des deutschen Taxigewerbes heftig angefeindet. „Die großen Konzerne machen den Markt kaputt“, meint Aleksandar Dragicevic, der Vorstand der Taxi Ruf Köln eG. An mytaxi scheiden sich die Geister, nicht nur in Köln. Will man mytaxi als ganz normalen Taxivermittler sehen und mit ihm kooperieren, wie andere Funkzentra- »Die großen Konzerne machen den Markt kaputt.« Aleksandar Dragicevic, Vorstand der Taxi Ruf Köln eG len das auch miteinander machen? Oder will man mytaxi als Vorposten des Großkapitals sehen, das letztlich das ganze Geschäftsmodell Taxi auf den Misthaufen der Geschichte kehren will? Das müsste man bekämpfen. In Köln sind die Positionen klar. taxi17 kooperiert. Taxi Ruf Köln bekämpft. Ein anderes Problem wird in Köln nicht so lärmend in die Öffentlichkeit getragen wie z. B. in Berlin. Auch dem Kölner Taxigewerbe hat die Gutachterfirma Linne + Krause einen gewissen Prozentsatz „unplausibel“ arbeitender Betriebe bescheinigt. In Köln muss eine Konzession von einem Altkonzessionär übernommen werden – für einen hohen fünfstelligen Betrag. Gleichzeitig hat keine andere Großstadt eine so hohe Mietwagendichte. Da scheinen sich manche Hoffnungen, die man mit einer so hohen Summe einkauft, nicht immer auf legalem Weg zu erfüllen. wh 10 OKTOBER / 2016 TAXI TAXI OKTOBER / 2016 11

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